< zurück

























"Kulturplaudereien" mit Martin Ullrich und Ottmar Hörl
Musik am Gipfel, Seelöwen im Ruhrgebiet


"Opernbühnen sind wichtig", sagt Prof. Martin Ullrich, "aber vielleicht ist es gut, mal mit der Musik woanders hinzugehen." Deshalb kam dem Präsidenten der Musikhochschule Nürnberg und seinem Gesangspartner die Idee, ein Konzert in einer Schleuse zu veranstalten. "Wir fahren mit dem Schiff rein und singen. Die Akustik ist gut. Aber es geht nur in sehr tiefen Schleusen." Musik an ungewöhnlichen Orten. Vor Beginn seiner Amtszeit im Herbst hat Martin Ullrich einiges ausprobiert, darunter auch Konzerte in einer Straßenbahn-Wartungshalle, in einem Bergwerk oder auf einem Berggipfel.

"Das Museum und die Galerie, alles mit weißen Wänden, wurden schon relativ früh sehr misstrauisch beäugt", sagt Prof. Ottmar Hörl, Präsident der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg. Seine erste Einzelausstellung, die der Hesse organisiert hatte, war in einem alten Kino in Frankfurt. "Das war sehr inspirierend und für das Publikum viel interessanter." Demnächst stellt Hörl im Ruhrgebiet Seelöwen in einem virtuellen Wasser aus. "Die Wirkung einer künstlerischen Konzeption verändert sich natürlich mit dem Ort."
Martin Ullrich und Ottmar Hörl, Musikhochschule und Kunst-Akademie - die beiden Präsidenten und die beiden Hochschulen verbindet deutlich mehr als man auf den ersten Blick meinen könnte. Bei den "Kulturplaudereien" von Wolfgang Bauer im Schürstabhaus gehen die beiden auf Schmusekurs, obwohl die jeweiligen Bereiche in manch anderem Bundesland starke Konkurrenten sind, was Steuergelder betrifft. "Bildende Künstler und Musiker sind sich in vielen Bereichen sehr nahe", konstatiert Ottmar Hörl.
Eine Fusion lehnen beide ab

Vor einigen Jahren hatte es deshalb sogar die Idee gegeben, die Musikhochschule und die Kunst-Akademie, beides relativ kleine und überschaubare Hochschuleinrichtungen an der Veilhofstraße und an der Bingstraße, zu fusionieren. Davon halten aber weder Ullrich noch Hörl etwas. Hörl kennt diese Diskussion noch aus seiner ersten Amtszeit: "In der Ausbildung unterscheiden wir uns stark." An die Musikhochschule kämen Schulabgänger, die bereits Erfahrungen gesammelt haben, Instrumente spielen können und teilweise "dressiert" worden sind. "Bei uns und an Filmakademien bewerben sich künstlerische Laien ohne Vorerfahrung."
Martin Ullrich hat vor seiner Zeit als Präsident in Nürnberg an der Universität der Künste in Berlin gelehrt, wo Musik und Kunst eine Einheit bilden. "Das ist die beste aller Kunst-Hochschulen, ich konnte fächerübergreifend arbeiten, und ich habe immer an die Idee geglaubt, dass alles unter einem Dach perfekt ist." Im Alltag habe dies in Berlin aber nie reibungslos funktioniert. Von einer "Überforderung aus verwaltungstechnischer Sicht" spricht Ullrich. "Auch die Idee der Politik, damit eine Verwaltung einzusparen, funktioniert so leider nicht." Denn statt zweier Präsidenten gibt es dann zusätzlich Dekane, statt zwei zentraler Verwaltungen müssten neue auf unterer Ebene geschaffen werden. "Ich kann daher nur davor warnen, alles unter ein Dach zu bringen und zu glauben, es wird funktionieren."

Stattdessen erhofft sich Martin Ullrich eine Kooperation bei Lehrveranstaltungen und zum Beispiel gemeinsame Ringvorlesungen. Auch Ottmar Hörl, der in Nürnberg durch das "Große Rasenstück" mit den Dürer-Hasen auf dem Hauptmarkt bekanntgeworden ist, will sich den Musikern annähern: "Die Unterschiede müssen wir wieder auflösen und beides zusammenführen." Er selbst sei einer der wenigen Künstler, der bereits einen Preis in Architektur, in der Musik und in der Bildenden Kunst erhalten habe. Daher hat Hörl, der etwa auch kleine Berliner Bären vor dem Brandenburger Tor ausgestellt hat, Sympathie für Ullrichs Schleusenkonzerte: "Die sind nicht so sauber, so reingewaschen, einfach lebendiger."
Markus Kaiser
NZ/HA/NPLUS/NPLUS3 - Mo 01.02.2010 - DIE NZ HOCHSCHULSEITE



Startseite | Aktuelles | Impressum
© 2005