Hochschulpolitik "Gemeinsam Bayern bewegen" Arbeitstagung der CSU-Landtagsfraktionvom 12. bis 14. Januar 2010 in Wildbad Kreuth |
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Hochschule
2010: Inhaltsverzeichnis Die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag nimmt dies zum Anlass für die Verabschiedung einer Entschließung. Sieht sie doch mit diesen beiden Herausforderungen zwei überaus bedeutsame Aspekte ihrer Vision einer Bildungsgesellschaft im 21. Jahrhundert schlaglichtartig beleuchtet, nämlich zum einen das Gebot der Verwirklichung von Chancengerechtigkeit und zum anderen die Notwendigkeit der Sicherung unseres in den zurückliegenden Jahrzehnten hart erarbeiteten hohen Qualitätsstandards. Es erfüllt uns mit großer Freude, dass immer mehr junge Menschen an unseren bayerischen Universitäten, Kunst- und Fachhochschulen ein Studium aufnehmen wollen. Die CSU-Landtagsfraktion sieht darin eine einmalige Chance, aber auch eine Verpflichtung: Gerade wir stehen hier auf der Grundlage unseres christlich-sozialen Selbstverständnisses in einer besonderen Verantwortung für die Verwirklichung von Chancengerechtigkeit. Wir wollen diesen jungen Menschen vergleichbare Bedingungen für ihre akademische Ausbildung, wie sie Generationen vor ihnen genossen haben, anbieten. Gleichzeitig sehen wir die Notwendigkeit, dass im Rahmen der anstehenden Reform der Studiengangskonzepte in zentralen Bereichen des Bologna-Prozesses nachgesteuert werden muss. Die Qualitätssicherung muss aus unserer Sicht hier der zentrale Maßstab sein. Die CSU-Landtagsfraktion ist sich als eine der beiden die Staatsregierung tragenden Fraktionen ihrer hohen Verantwortung für die Sicherung der Zukunftsfähigkeit unseres Landes bewusst. Gerade auch die aufgrund der Auswirkungen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise künftig begrenzten finanziellen Ressourcen werden uns dazu zwingen, staatliche Investitionen vorrangig den für die Zukunft unseres Landes wichtigen Bereichen zugute kommen zu lassen. Ein abgestimmtes Bildungskonzept von der Frühförderung, über Schule, Hochschule und Berufsausbildung bis hin zur berufsbegleitenden Weiterbildung steht hier im Zentrum unserer Überlegungen. Unser Ziel ist die lebenslang lernende Gesellschaft. Eine kraftvolle Verwirklichung des so angelegten staatlichen Bil-dungsauftrags - orientiert an den zentralen Leitlinien der Qualität und Chancengerechtigkeit - setzt unsere Gesellschaft erst in den Stand, die kommenden Herausforderungen zu bewältigen. Im Bewusstsein
der Bedeutung dieser für uns zentralen landespolitischen Gestaltungsaufgabe
verabschiedet die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag im Rahmen ihrer
Klausurtagung in Wildbad Kreuth am Dienstag, den 12. Januar 2010 nachfolgende
Entschließung: 1. Ausgangslage: a) Noch nie haben in Bayern so viele junge Menschen studiert wie im derzeit laufenden Wintersemester 2009/2010: Rund 60.000 Studierende haben im Studienjahr 2009 ein Studium an einer der bayerischen Universitäten, Kunst- und Fachhochschulen - Hochschulen für angewandte Wissenschaften aufgenommen. Dies entspricht gegenüber dem Studienjahr 2008 einer Zunahme um 9,2 Prozent. Besonders hoch ist mit 14,6 Prozent der Zuwachs bei den Fachhochschulen. Die Universitäten verzeichnen eine Steigerung um 6,6 Prozent. Mit rund 274.000 Studierenden im laufenden Winterse-mester liegt die Gesamtzahl ebenfalls deutlich über der des Vorjahres. Dieser
Trend wird anhalten und in den nächsten beiden Jahren einen histori-schen
Höchststand erreichen: In 2011 trifft der letzte Abiturientenjahrgang
des neunjährigen Gymnasiums mit dem ersten Jahrgang des achtjährigen
Gymnasiums zusammen ("doppelter Abiturjahrgang"). Die Berechnungen
gehen für das Jahr 2011 von rund 71.000 und für das folgende
Jahr von rund 69.000 Studienanfängern aus. b) Das Jahr 2010 bedeutet aber auch für die Reform der Studienstruktur ("Bologna-Prozess") eine Zäsur, wie sich nicht zuletzt aus Art. 57 Abs. 4 des Bayerischen Hochschulgesetzes ergibt: Danach soll ab dem jetzigen Wintersemester 2009/2010 die Auf-nahme eines Studiums in Bachelorstudiengängen - mit Ausnahme der Staatsexamensstudiengänge - der Regelfall sein. Diese erste Phase der Umstellung der Studiengänge auf die neue Bachelor- und Masterstruktur ist damit vorläufig abgeschlossen. Es liegt jetzt an der Politik, aber auch an den Hochschulen, im Rahmen des Nach-steuerungsprozesses die richtigen Parameter zu setzen, um den Erfolg der Reform für die Zukunft sicherzustellen. Die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag sieht in beiden Entwicklungen eine Herausforderung, aber auch eine große Chance, den Hochschulstandort Bayern im Rahmen der finanzwirtschaftlichen Möglichkeiten entscheidend fortzuentwickeln und damit einen wichtigen Beitrag für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu leisten. 2. Steigende Studierendenzahlen und doppelter Abiturjahrgang: a) Ab 2020 werden überproportional viele akademisch ausgebildete Menschen aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Der Anteil der älteren Menschen wird sich immer weiter er-höhen, während die Zahl der Menschen in jüngeren Generationen demographiebedingt zurückgehen wird. Gleichzeitig werden Änderungen in der Arbeitswelt zu steigenden Anforderungen des Arbeitsmarktes an die Berufseinsteiger, aber auch an alle anderen Erwerbstätigen führen. Ein noch weiter zunehmender Bedarf an Arbeitskräften mit Hochschulabschluss wird die zwangsläufige Folge sein. Dies gilt insbesondere, aber nicht nur für die sog. MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). b) Ziele: Die CSU-Landtagsfraktion
sieht in den steigenden Studierendenzahlen die einmalige Chance, c) Maßnahmen: Oberstes Leitprinzip für die CSU-Landtagsfraktion ist die Verwirklichung der individuellen Chancengerechtigkeit: Es muss sichergestellt werden, dass die jungen Menschen Studien- und Ausbildungschancen in Bayern haben, die denen früherer Jahre vergleichbar sind. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir ein personelles und räumliches Hochschulausbauprogramm auf den Weg gebracht, das derzeit umgesetzt wird: - Zur Sicherstellung des Lehrangebots für 38.000 zusätzliche Studienplätze bis 2011 werden an unseren Hochschulen 3.000 neue Stellen schrittweise aufgebaut. Zum jetzigen Zeitpunkt sind davon bereits etwa 1.100 Stellen besetzt. Bis 2013 werden hierfür rund 1 Mrd. Euro (inkl. Bundesmittel) bereitgestellt (sog. "Hochschulmilliarde"). - Der zusätzlich
erforderliche Flächenbedarf an unseren Hochschulstandorten in Höhe
von 130.000 qm Hauptnutzfläche wird durch räumlichen Aus-
und Neubau sowie durch Anmietungen gedeckt. Hochschulausbau und -sanierungen
sollen im Rahmen des sog. Vier-Milliarden-Bauprogramms abgearbeitet
werden. - Die Abiturprüfungen
2011 werden gesplittet, indem die Prüfungen des letzten G 9 - Jahrgangs
soweit vorgezogen werden, dass sie frühzeitig zum 2. Mai 2011 entlassen
werden können. Der Stoffumfang der Jahrgangsstufe 13 wurde wegen
der vorgezogenen Abiturprüfung verringert. Für diejenigen,
die die Abiturprüfung beim ersten Mal nicht bestehen, wird ein
gesonderter Nachtermin angesetzt. Die Abiturprüfungen des ersten
G 8 - Jahrgangs finden zum üblichen Termin statt. Der gymnasialen
Oberstufe im G 8 liegt ein neues Konzept zugrunde. Insbesondere die
beiden Seminare und das neue Abitur sind gut geeignet, die Schülerinnen
und Schüler gut auf die gestiegenen Anforderungen in Studium und
Beruf vorzubereiten. Da es in der neuen Oberstufe keine Leistungskurse
mehr gibt, kann es auch kein Leistungskursniveau in den Abiturprüfungen
mehr geben. Das Anforderungsniveau im Abitur muss sich daher am bisherigen
Grundkurs orientieren. Geeignete Materialien zur Vorbereitung auf die
Abiturprü-fungen, wie Musterabiture, Handreichungen, Teile von
alten Abituraufgaben, sollen baldmöglichst zur Verfügung gestellt
werden. 3. Reform der Studienstruktur a) Vor etwas mehr als 10 Jahren unterzeichneten die Bildungsminister von 29 Staaten in Bologna die Erklärung zur Schaffung eines gemeinsamen Europäischen Hoch-schulraumes bis zum Jahr 2010. Kern des Reformprozesses sind die Einführung transparenter und international kompatibler Studienstrukturen sowie gemeinsame An-strengungen zur Sicherung der Qualität der akademischen Ausbildung. Mit ihrer gemeinsamen "Erklärung zu Bologna 2020" auf der Folgekonferenz in Leuven/Louvain-la-Neuve am 28./29. April 2009 haben sich die Bildungsminister der inzwischen 46 teil-nehmenden Staaten zu einer Fortsetzung des Prozesses in einem gemeinsamen Hochschulraum bekannt. Bereits seit einiger Zeit treten verschiedene - durch den Umstellungsprozess auf die Bachelor- und Masterstruktur verursachte - negative Begleiterscheinungen des Bologna-Prozesses immer häufiger zutage: Studierende beschweren sich über eine zu starke Verschulung des Studiums, das kaum Zeit für Erholungsphasen, bürger-schaftliches Engagement und den Besuch von Veranstaltungen über das jeweilige Fachstudium hinaus lasse. Auslandsaufenthalte - ursprünglich gerade ein Ziel der neuen Studiengänge - seien faktisch unmöglich, wenn man die Regelstudienzeit ein-halten wolle. Hinzu kämen aus Sicht der Studierenden zu viele Prüfungen und eine verbesserungsbedürftige Betreuungsrelation. Zahlreiche Gespräche, die in den ver-gangenen Wochen und Monaten mit den Studierenden geführt wurden, haben gezeigt, dass hier ein deutlicher Nachbesserungsbedarf nicht von der Hand zu weisen ist. b) Ziele: Die Zeit eines Hochschulstudiums wird auch in Zukunft eine arbeitsintensive Phase im Leben eines angehenden Akademikers bleiben. Daneben aber muss es auch immer Freiräume geben, naturgemäß für Erholungsphasen, aber auch etwa für bürgerschaftli-ches Engagement und sportliche Aktivitäten. Die mit der Einführung eines Bachelorstudiums von 6 Semestern Regelstudienzeit verbundenen Erfahrungen haben gezeigt, dass Politik und Hochschulen damit an die Grenzen, in vielen Fächern sogar noch dar-über hinaus gegangen sind. Eine Verkürzung der Ausbildungszeit findet dort ihre Grenzen, wo sie mit den vielfältigsten Symptomen der Überlastung von Hochschulen, aber auch von Studierenden verbunden ist. Im Sinne ihres Leitbildes des "Förderns und Forderns" steht die CSU-Landtagsfraktion für ein akademisches Studi-um, das geprägt ist von einem hohen Anspruch an die Studierenden, aber auch von hoher Qualität für die Studierenden. Die CSU-Landtagsfraktion hat den Bologna-Prozess stets konstruktiv begleitet . Gleichzeitig hat sie aber von Beginn an darauf hingewiesen, dass nicht das Tempo der Umstellung, sondern auch künftig die Qualität der Studiengangskonzepte für den Erfolg dieser Reform von entscheidender Bedeutung ist ("Qualität vor Zeit"). Vor diesem Hintergrund ist es keineswegs überraschend, bei einer Reform dieser Tragweite vielmehr geradezu normal, dass jetzt in einer zweiten Phase bis 2020 nachgesteuert werden muss. c) Maßnahmen: Die CSU-Landtagsfraktion
sieht in den aktuellen Beschlüssen der Kultusministerkonferenz
vom 15. Oktober und 10. Dezember 2009 wichtige Vorgaben, die uns Impulse
für den Nachsteuerungsbedarf geben. Dabei wird von folgenden Grundsätzen
auszugehen sein: Für die Länge des Bachelorstudiums (insbesondere an den Universitäten) ist ein höheres Maß an Flexibilität erforderlich. In Modifizierung des bis-lang geltenden Grundsatzes kann die Regelstudienzeit von Bachelorstu-diengängen sechs, sieben oder acht Semester betragen. In Bachelorstu-diengängen werden wissenschaftliche Grundlagen, Methodenkompetenz und berufsfeldbezogene Qualifikationen entsprechend dem Profil der Hochschule und des Studiengangs vermittelt. Ziel muss es in jedem Fall sein, dass der Bachelorabschluss ein echter erster berufsqualifizie-render Hochschulabschluss ist. Unter Berücksichtigung der verschie-denen Fächerkulturen sind die Hochschulen daher aufgefordert, diese neuen Spielräume zu nutzen. Die Gesamtstudienzeit
in konsekutiven Studiengängen beträgt jedoch auch künftig
zehn Semester. Insbesondere
in den Bachelorstudiengängen hat sich die Belastung der Studierenden
durch eine Vielzahl von Prüfungen erhöht. Zur dringend erforderlichen
Reduzierung der Prüfungsbelastung werden die einzelnen Module in
der Regel nur mit einer Prüfung abgeschlossen. Wir sind der festen Überzeugung, dass die bayerischen Hochschulen für die kommenden Herausforderungen gut aufgestellt sind. Vieles wurde bereits auf den Weg gebracht, die noch erforderlichen und in der Entschließung skizzierten Maßnahmen werden wir im Rahmen der finanzwirtschaftlichen Möglichkeiten noch durchführen. In diesem Zusammenhang legt die CSU-Landtagsfraktion aber auch Wert auf die Feststellung, dass Bildung eine gesamtstaatliche Aufgabe darstellt und einer engen Partnerschaft al-ler Verantwortlichen bedarf. Wir stehen daher der vom Bund im Koalitionsvertrag angestreb-ten Bildungspartnerschaft von Bund, Ländern und Kommunen unter Wahrung der jeweili-gen staatlichen Zuständigkeit positiv gegenüber. Gerade auch die Bewältigung der steigen-den Studierendenzahlen und die Reform der Studienstruktur liegen im gesamtstaatlichen Inte-resse. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, bis zum Jahr 2015 in Deutschland die Investiti-onen in Bildung und Forschung auf insgesamt 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu stei-gern. Der Bildungsgipfel von Bund und Ländern am 16. Dezember 2009 gibt Anlass zur Hoffnung. Bund und Länder haben sich hier klar zur Priorität von Bildung und For-schung als zentrale Zukunftsfelder für unser Land bekannt! |