Eine "mittelalterliche" Fragestellung: Koedukation als Verfestigung geschlechtsspezifischer
Benachteiligung?
Nur 32 % der Schülerinnen, aber 48 % der Schüler
sind für eine Geschlechtertrennung im EDV-Unterricht!
Unterrichtserfahrungen und Beurteilungen von Schüler/innen aus
Bankfachklassen der 12. Jahrgangsstufe
Selbsteinschätzungen von Schüler/innen können
selbstverständlich falsch sein. Andererseits müssen jedoch Beurteilungen
von erwachsenen, bereits im Berufsleben stehenden Auszubildenden durchaus
Ernst genommen werden, auch wenn sie anderen Untersuchungsergebnissen oder
den Beurteilungen der Lehrerschaft oder der Erwachsenenwelt möglicherweise
widersprechen.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um die Auswertung
einer freiwilligen schriftlichen Befragung von 87 Schülerinnen und
Schülern in drei 12. Bankfachklassen (BK 12 A, BK 12 C, BK 12 D) an
einer Beruflichen Schule in Nürnberg am Ende des Schuljahres 2000/01.
An dieser Schule (Berufsschule 4) läuft seit dem Schuljahr 1999/2000
ein Modellversuch, bei dem alle anlagen- und damit EDV-orientierten Unterrichtsbestandteile
in Klassen des Kreditgewerbes weitgehend - soweit Unterrichts- und Lehrereinsatzplanung
dies zulassen - getrennt nach Geschlechtern stattfinden. An der Schule
konnte somit über zwei Jahre hinweg die allseits artikulierte Forderung
nach einer Geschlechtertrennung im EDV-Unterricht in einer schmalen Schülernische
annähernd realisiert werden.
Alle befragten Schüler/innen haben dadurch in der
Regel sowohl koedukativen wie nicht koedukativen EDV-Unterricht selbst
erlebt und können ihre damit verbundenen Erfahrungen artikulieren.
Der EDV-Unterricht in der Klasse beinhaltete im Wesentlichen
die Anwendung der Tabellenkalkulation (Excel) auf unterrichtliche und betriebliche
Problemstellungen (11. Jahrgangsstufe) und die Verwendung des Office-Paketes
(Powerpoint, Word, Excel) sowie des Internet (Netscape Navigator und Composer)
für einen ganzjährigen Projektauftrag zur Vorbereitung und Durchführung
einer Präsentation zu bankbetriebswirtschaftlichen oder sozialkundlichen
Themen (12. Jahrgangsstufe):
-
Ein Musterdepot im Internet
-
Ein Online-Börsenbrief im Internet
-
Marksegmente an der Börse
-
Neuemissionen - Empfehlungen und Performance
-
Internetbanking aus Kundensicht
-
Die Seite, die dir die Lust am Rauchen nimmt
-
Aktiv gegen Rechts
-
BSE
-
Fleischlose Ernährung
-
Szeneführer für Jugendliche u.v.a.
An der Befragung mit ihren weitgehend offenen Fragestellungen
nahmen 69 % der Mädchen (31 von 45) und 59 % der männlichen Schüler
teil (25 von 42). Das Alter der Mädchen lag zwischen 19 und 20 Jahren,
das der befragten Jungs bei ca. 22 Jahren.
58 % der Schülerinnen hatten über die zwei Jahre
Ausbildungszeit hinweg ausschließlich EDV-Unterricht mit Geschlechtertrennung,
32 % hatten wechselnde Gruppen und nur 10 % hatten ausschließlich
koeduaktiven EDV-Unterricht. Die Jungs hatten überwiegend wechselnde
EDV-Gruppen (60 %), 32 % hatten einen getrennten und nur 8 % einen ausschließlich
koedukativen EDV-Unterricht.
32 % der Schülerinnen fühlt
sich hinsichtlich EDV recht kompetent
Nur 32 % der Mädchen schätzten sich bezüglich
ihrer EDV-Kenntnisse als ganz kompetent ein, die Mehrzahl beurteilten sich
selbst als nicht so kompetent. Ganz anders die Jungs: Sie fühlen sich
zu 84 % als recht kompetent.
81% der Schülerinnen gefällt
der EDV-Unterricht
81 % der Schülerinnen gefällt der EDV-Unterricht,
insbesondere aber
-
das Lernen von Neuem, das selbständige Arbeiten, das
Ausprobieren von Programmen und Anwendungen (26 %)
-
das Erstellen von Internetseiten und die Gestaltung der Seiten
(19 %)
-
das Surfen und Recherchieren im Internet (10% bzw. 13 %)
-
die Entwicklung von Problemlösungen für den Betrieb
(13 %)
-
das Gewinnen von Sicherheit am PC und das Erlernen neuer
Tricks und Kenntnisse (19 %) und
-
die inhaltliche Abwechslung (mal Excel, mal Internet) (6
%).
Den Jungs gefiel der EDV-Unterricht zu 96 %, insbesondere
die Webseitengestaltung (28 %), das Surfen im Internet (12 %), Internetrecherchen
(12 %), die inhaltliche Abwechslung (12 %), die Abwechslung zu anderen
Fächern (Bankbetriebslehre, Rechnungswesen usw.) (12 %) und das Erlernen
von Grundkenntnissen und verschiedenen Anwenderprogrammen (insbesondere
Excel) (12 %). Aber auch das Erlernen von neuen EDV-Tricks und das selbständige
Arbiten fand ihre Zustimmung (je 8 %).
Die Mädchen, denen der EDV-Unterricht nicht gefiel,
kritisierten insbesondere die zu geringen Hilfestellungen (10 %) und die
unzureichende Vermittlung von Grundkenntnissen (6 %).
Nur 13 % der Schülerinnen
benutzen privat in nennenswerten Umfang den PC (mehr als fünf Wochenstunden)
10 % der Schülerinnen haben privat noch keinen PC,
71 % der Schülerinnen verwenden den PC außerhalb des Unterrichts
maximal fünf Stunden wöchentlich und nur 13 % der 11 Schülerinnen
nutzen den PC in stärkerem Umfang (bis zu 10 Stunden in der Woche).
Dabei dominieren Internet inklusive Email, Chat und SMS (74 %), Textverarbeitung
(32 %) und Spiele (23 %). Daneben wurden auch Bildbearbeitung, Musik hören,
Tabellenkalkulation, Powerpoint, E-Commerce und Homebanking genannt. Als
Gründe für die PC-Nutzung stehen schnelle und praktische Informationsgewinnung
(35 %), Kommunikation (vermutlich Chat und Email) (19%), Spaß und
Zeitverteib (13 %) an erster Stelle. Daneben wurden schnelle Texterfassung,
Enkaufen und Textgestaltung genannt.
Bei den Schülern liegt die PC-Nutzung wesentlich
höher. 52 % von ihnen sitzen wöchentlich mehr als 5 Stunden am
Rechner. 40 % verwenden den PC bis zu 5 Stunden pro Woche und 12 % der
Schüler haben keinen PC. Auch bei den Jungs dominieren Internet (80
%), Textverarbeitung (24 %) und Spiele (24 %). Als Gründe für
die PC-Nutzung werden schnelle und praktische Informationsgewinnung (56
%), Kommunikation (24 %), die Gestaltung von Internetseiten und Grafiken
(16 %) neben schneller Texterfassung (12 %) und Zeitvertreib (12 %) genannt.
Gründe gegen eine PC-Nutzung werden nur vereinzelt
genannt: Computerabstürze und Schwierigkeiten mit der Tabellenkalkulation.
Ein Mädchen schreibt: "Was soll man mit einem PC schon machen?"
Bei den Jungs überwiegen rationale Kritikpunkte:
zu lange Ladezeiten, zu hohe Online-Kosten, Mängel des Betriebssystems.
100% der Schülerinnen benutzen
beruflich den PC
68 % der Schülerinnen arbeiten mehr als 20 Wochenstunden
am PC, die Mehrzal hiervon während ihrer gesamten Arbeitszeit. Dies
wird von den Mädchen auch akzeptiert und als selbstverständlich
angesehen (PC unverzichtbar 26 % , Arbeitserleichterung 42 % u.ä.).
Kritik wird höchstens über zu lange Ladezeiten, veraltete Programme,
die Abhängigkeit vom PC, das fehlende Internet, Programmmängel
und Monotonie bei der Textverarbeitung geäußert. Nur 3 % der
Schülerinnen arbeiten weniger als 10 Stunden während ihrer Arbeitswoche
mit dem PC.
Die Anwendungen sind primär von der betrieblichen
Situation geprägt (Banksoftware 61 %, Word 26 %, Internet 29 %, Intranet
23 %, daneben etwas Tabellenkalkulation und Powerpoint).
Ähnliches gilt für die männlichen Schüler,
die allerdings im Betrieb deutlich weniger am PC sitzen (nur 56% mehr als
20 Stunden wöchentlich) und mehr mit Internet (52 %) und dem Office-Paket
(Word 48%, Tabellenkalkulation 16%, Powerpoint 12 %) arbeiten. Auch sie
schätzen die Arbeitserleichtung und die schnelle Informationsbeschaffung,
und auch sie beklagen vereinzelt das fehlende Internet, die Monotonie bei
der Textverareitung und die Abhängigkeit vom PC.
55% der Schülerinnen glauben,
dass Mädchen in EDV schlechter sind
55 % der Schülerinnen glauben, dass Mädchen
im Großen und Ganzen geringere EDV-Kentnnisse als ihre Mitschüler
haben.
Gründe:
-
Geringeres EDV-Interesse der Mädchen (23 %)
-
Geringere EDV-Erfahrung der Mädchen (6 %)
-
Jungs haben besseres technisches Verständnis (13 %)
-
Mädchen haben andere Interessen (16 %)
-
Jungs wenden mehr Zeit für EDV auf (6 %)
45 % der Schülerinnen glauben dies nicht.
Ihe Gründe sind:
-
Kann man nicht verallgemeinern, keine Unterschied, ist vom
Menschen abhängig (16 %)
-
Wird den Mädchen nur eingeredet, Vorurteile (13 %)
-
Bei gleichem Zeitaufwand und Interesse wären Mädchen
gleich gut (19 %)
-
kein Unterschied zwischen Jungs und Mädchen, EDV-Kenntnisse
sind vom einzelnen Menschen abhängig (16%)
Die Meinung der Schüler ist wiederum in zwei Hälften
geteilt:
Pro:
-
Mädchen haben ein geringeres Interesse an EDV (36 %)
-
Mädchen haben weniger Erfahrung (28 %)
-
Ist ein Erfahrungswert (8 %)
-
Jungs haben besseres technisches Verständnis (12 %)
Contra:
-
Wieso sollen Mädchen schlechter sein? (12 %)
-
Mädchen wären bei gleichem Zeitaufwand gleich gut
(12 %)
61% der Schülerinnen sind gegen
eine Geschlechtertrennung im EDV-Unterricht, 32 % sind dafür
Die Mehrheit der Schülerinnen ist für Koedukation
im EDV-Unterricht. Die Gründe dafür sind allerdings unterschiedlich
:
-
Die Jungs sind besser und können uns helfen bzw. gegenseitige
Hilfe (35 %)
-
Jungs haben mehr Ahnung von EDV (16 %)
-
Jungs haben mehr Interesse an EDV (10 %)
- aber auch:
-
Frauen sind emanzipiert, die Sprüche der Jungs machen
uns nichts aus (6 %)
-
Frauen oder Männer ist völlig egal, es gibt auch
Jungs, die keine Ahnung von EDV haben (6 %)
-
getrennter Unterricht nicht mehr zeitgemäß (3
%)
-
getrennter Unterricht verstößt gegen Gleichberechtigung
und fördert Vorurteile (6 %)
-
Frauen sind emanzipiert, männliche Sprüche spielen
keine Rolle (6 %)
-
warum denn? was soll das überhaupt? (6 %)
-
Mädchen wären bei gleichem Zeitaufwand und Interesse
gleich gut (19 %)
-
Frauen sollen sich mit dem anderen Geschlecht auseinander
setzen (3 %)
-
besserer Lernerfolg in gemischten Gruppen (3 %)
-
gemischter Unterricht ist lustiger (3 %).
Die Gründe dagegen und damit für eine Geschlechtertrennung
sind:
-
Mädchen haben andere Interessen, keine Ballerspiele
etc. (10 %)
-
Die Jungs können mehr, haben den PC als ihr Hobby (16%)
-
Man traut sich mehr, wenn keine Jungs dabei sind, dumme Sprüche
der Jungs (6 %)
-
Bessere Entwicklung der Mädchen, mehr Selbstwertgefühl
(10 %)
Allerdings:
Schülerinnen mit bisheriger
Koedukation im EDV-Unterricht sind zu 100% gegen eine Geschlechtertrennung
im EDV-Unterricht!
Schülerinnen mit bislang
ausschließlicher Geschlechtertrennung im EDV-Unterricht sind nur
zu 39% gegen Geschlechtertrennung und zu 56% dafür!
Die befragten Jungs sind übrigens zu genau 48 % für
und zu 48 % gegen eine Koedukation im EDV-Unterricht:
Pro:
-
Geschlechtertrennung nicht mehr zeitgemäß (8 %)
-
Geschlechtertrennung verstößt gegen Gleichberechtigung
(8 %)
-
Gegenseitige Hilfe (12 %)
-
keine Unterschiede zwischen Jungs und Mädchen (12 %)
-
Gemischt ist es Lustiger (4 %)
-
Besserer Lernerfolg (4 %)
Contra:
-
Gravierende Wissensunterschiede zwischen den Geschlechtern
(20 %)
-
Es geht schneller (28 %)
Gängige Vorurteile (Frauen können nicht logisch
denken! Frauen haben kein Verständnis für Technik!) kommen nur
vereinzelt vor (4 %).
42 % der Schülerinnen glauben
an eine strukturelle Benachteiligung und die Notwendigkeit geschlechtsspezifischer
Ausgleichsmaßnahmen, 29 % glauben dies nicht
42 % der Schülerinnen unterstützen die ihnen
vorgestellten Thesen der österreichischen Frauengruppen und glauben
an eine strukturelle Benachteiligung von Mädchen und an die Notwendigkeit
geschlechtsspezifischer Ausgleichs- und Förderungsmaßnahmen.
Ihre Begründungen resultieren vermutlich primär aus ihren unmittelbaren
Erfahrungen:
-
Frauen haben weniger Mut, Neues auszuprobieren (13 %)
-
Sie haben Angst, sich zu blamieren (13 %)
-
Sie haben Angst, dumme Fragen zu stellen (13 %)
29 % der Schülerinnen lehnt dies jedoch ab:
-
Spezielle Förderung nicht nötig, Frauen sind heutzutage
hinreichend qualifiziert (6 %)
-
EDV-Kenntnisse haben nichts mit dem Geschlecht zu tun (19
%)
-
Frauen müssen lernen, über den Dingen zu stehen
und sich nicht zu schämen (6 %)
-
Frauen sind emanzipiert (3 %)
-
Behauptung ist lächerlich (3 %)
Auch 44 % der Schüler glaubt, dass die Frauengruppen
Recht haben, 32 % lehnt dies jedoch vehement ab.
Pro:
-
Frauen haben weniger Mut, Neues auszuprobieren, Angst vor
Technik (16 %)
-
Gockelverhalten der Männer (8 %)
-
Mädchen werden immer noch belächelt (4 %)
-
Frauen trauen sich nicht, dumm zu fragen (4 %)
-
Frauen haben andere Voraussetzungen ( 4 %)
Contra:
-
hat nichts mit Geschlecht zu tun (12 %)
-
Emanzen! Total übertrieben! Quatsch! (8 %)
-
Lächerlich! Mittelalterliche Fragestellung! (4%)
Zu dieser Frage ist anzumerken, dass viele Schüler/innen
offenbar die Fragestellung nicht ganz verstanden haben. In der Mehrzahl
beziehen sich die Antworten auch auf den Unterricht in der Schule und nicht
auf allgemeine gesellschaftliche Mechanismen.
Fazit
Soweit man aus den Äußerungen dieser wenigen
(56 Befragungen) und sehr spezifischen (Bankkaufleute, die in der beruflichen
Sozial- und Einkommenshierarchie sowie Altersverteilung eher am oberen
Ende der Schülerhierarchie einzuordnen sind) Schüler/innen vorsichtige
Schlussfolgerungen ziehen kann, deutet sich wohl Folgendes an:
-
Mädchen verwenden den PC
im privaten
Umfeld wesentlich weniger als Jungs, in der Regel sind es nur zwei
bis vier Stunden wöchentlich gegenüber durchschnittlich vier
bis zehn Stunden
-
Mädchen verwenden den PC offenbar zielgerichteter
und bedürfnisadäquater, Jungs mehr spielerisch und als
Experimentierfeld. Mädchen haben daher keine große Neigung,
EDV im privaten Umfeld über ihre unmittelbaren Interessen hinaus zu
nützen (Internet, Chat, Mail, SMS, Textverarbeitung, Spiele, Musik).
-
Mädchen nützen im betrieblichen
Umfeld den PC hingegen mehr als ihre
männlichen Mitschüler und dies offenbar bereitwillig und kompetent.
Die Akzeptanz des Computers als praktisches Hilfsmittel und als berufliche
Notwendigkeit ist selbstverständlich.
-
Dennoch halten sich Mädchen
hinsichtlich EDV zu zwei Dritteln für nicht
sehr kompetent, während 17 von 20 ihrer Mitschüler sich
als kompetent bezeichnen.
-
Mädchen gehen gerne in
den EDV-Unterricht und sie arbeiten gerne mit dem Computer im Kontext von
Unterrichtsprojekten oder projekthaften Unterrichtsformen. Dies insbesondere
dann, wenn die EDV-Anwendungen Selbständigkeit
erlauben und Kreativität erfordern (Schreiben
und Gestalten von Internetseiten, Entwickeln von betrieblichen Problemlösungen),
abwechslungsreich und interessant sind.
-
Eine knappe Mehrheit der Mädchen
hält zwar die Jungs bezüglich EDV kompetenter
als sich selbst, führt dies allerdings auf das
größere Interesse ihrer Mitschüler an EDV und Technik zurück.
Mädchen haben nach ihrem Bekunden
andere Interessen.
Eine allgemeine und nicht zielgerichtete EDV-Kompetenz
sehen Mädchen daher offenbar nicht als erstrebenswert
an.
-
Indirekt halten sich die Mädchen
- wenn sie es nur wollten! - somit mehrheitlich
für ebenso kompetent wie die Jungs oder
zumindest in der Lage, mit Hilfe der Jungs oder mit mehr eigenem Engagement
bei Bedarf anfallende EDV-Probleme lösen zu können.
-
Nur mit relativer Mehrheit sind daher die Schülerinnen
auch der Ansicht, dass ihre geringeren EDV-Kenntnisse
strukturell
verursacht sind und nur durch eine geschlechtsspezifische
Hilfestellungen egalisierbar sind. Viele Mädchen sind in ihrer
Haltung relativ unentschieden und schwanken zwischen forschem Selbstbewusstsein
und einer vorfindbaren Scheu vor Technik,
neuen Lernfeldern und männlicher Überheblichkeit.
-
Eine deutliche Mehrheit der Schülerinnen
glaubt jedoch letztlich, es mit den männlichen Mitschülern auf
dem Feld der EDV aufnehmen bzw. sie ergebnisorientiert instrumentalisieren
zu können und spricht sich gegen eine Geschlechtertrennung im EDV-Unterricht
aus.
-
Nur etwa ein Drittel der Mädchen
möchte eine Geschlechtertrennung im EDV-Unterricht, weil sie
sich davon weniger männliche Konkurrenz und bessere Entfaltungsmöglichkeiten
erhoffen.
Dies polarisiert sich sogar durch die bislang gemachten
Erfahrungen:
Kein einziges Mädchen, das
bislang EDV in gemischten Gruppen lernt, möchte in Zukunft eine Geschlechtertrennung
(0%)!
Jedes zweite Mädchen, das
bislang EDV in reinen Mädchengruppen lernt, will hingegen eine Geschlechtertrennung
(56%)!
Damit stellt sich die Frage, ob man der Entscheidung für
oder gegen Koedukation die selbstbewusste Mehrheitsmeinung (Was soll das?
Lächerlich! Mittelalterliche Fragestellung! Das können wir auch!)
des Großteils der Schülerinnen zu Grunde legt, oder ob man auch
eine Minderheit von Schülerinneninteressen für schutzwürdig
genug erachtet, um eine spezielle Förderung der weiblichen Schüler
im EDV-Unterricht zu bejahen.
Und: Ist die Tatsache, dass mehr als die Hälfte der
Schülerinnen ohne Koedukation dies auch weiterhin wünschen, während
dieser Anteil bei Schülerinnen mit Koedukation auf Null sinkt, als
Erlebnis besserer Entfaltungsmöglichkeiten in reinen Frauengruppen
oder als möglicherweise unbegründete Angst vor noch unbekannten
Lernsituationen zu werten? Diese Frage können wohl nur weitere Untersuchungen
und Befragungen beantworten.
Last not least: Welche didaktischen und methodischen Konsequenzen
ziehen wir aus den Aussagen der Schüler/innen und deren Interpretation?
Dr. Peter Kührt
Okt. 2001
<www.kubiss.de/bildung/Projekte/Schb_netz/Befragung_Ergebnis_alle.htm>