Fazit

Eine systematisierte Darstellung der Projektergebnisse finden Sie in der Zeitschrift "Erziehungswissenschaft und Beruf":

  • Kührt, Peter; Wege aus der Schuldenfalle? Zur Verschuldung von Jugendlichen, in: Erziehungswissenschaft und Beruf, Merkur Verlag, Heft 4/2006

In diese Gesamtdarstellung und Differenzierung des Schuldenproblems wurden auch neuere Forschungsergebnisse und weitere Befragungen an anderen Schulen (z.B. an einem Gymnasium in Neckarsulm) einbezogen.

Hier seien nur drei Ergebnisse angedeutet:

 

Erstes Fazit: Die Verschuldung von Jugendlichen (< 18) ist bislang ein Mythos!

Nimmt man das laufenden Einkommen als Maßstab, geben 84 % der Kinder und Jugendlichen nicht mehr aus, als sie einnehmen. Durchschnittlich 72 EUR Schulden, die in der Regel in kurzer Zeit wieder zurückgezahlt werden, sind nicht besorgniserregend. Nur 7 % haben mehr als 100 EUR Schulden, in der Regel bei Freunden und Familienangehörigen, womit ein Teil der Kreditaufnahmen einen Vorgriff auf spätere Geschenke beinhalten könnte.

Die Schuldenaufnahme bei 10- bis 17-Jährigen kann daher nach den bisherigen Erkenntnissen von Umfang und Häufigkeit her mit hoher Wahrscheinlichkeit als ein vorübergehendes und relativ „normales“ Verhalten im Zuge der Entwicklung eines Kindes zum geschäftsfähigen Konsumenten interpretiert werden.

Zudem haben 84% der Jugendlichen auch Geld gespart (durchschnittlich 440 EUR p. a., vorwiegend für Führerschein, Mofa, Auto, Kleidung, CDs und Software).

Ein „Verschuldungsproblem“ bei Jugendlichen existiert somit derzeit nicht.
 

Zweites Fazit: Wenn überhaupt "Verschuldung" von Jugendlichen  (< 18) , dann durch Nahrungserwerb!

Handyausgaben sind kein wesentlicher Auslöser für die Verschuldung von Jugendlichen. Dominierende Verschuldungsgründe sind der Kauf von Süßigkeiten, Fast Food und Getränken sowie Ausgaben für Ausgehen und Kleidung.

Mit dieser Feststellung soll die potentielle Gefährdung Jugendlicher durch steigende Telekommunikationskosten infolge noch attraktiverer Downloadangebote, undurchsichtiger Vertragsgestaltungen, überteuerter Auslandstarife und anderer Verführungen nicht bagatellisiert werden. Derzeit aber ist das Bild in der Öffentlichkeit hinsichtlich des Zusammenhangs von Verschuldung und Handykosten eher eine Projektion als von der Realität gedeckt.
 

Drittes Fazit: Die Verschuldung erfolgt erst bei jungen Erwachsenen (>=18) und zwar beim Berufseinstieg. Hier ist die Situation allerdings alarmierend.  Die Ursachen sind Autokauf, eigene Wohnung und überzogener Konsum!

Das Alter von 18 bis 24 Jahren ist die entscheidende Weichenstellung für eine „Schuldnerkarriere“.

Wachsendes Einkommen schafft Bedürfnisse, die durch das erzielbare Einkommen nicht abgedeckt werden können.

Zentrale Auslöser für eine angespannte finanzielle Situation und spätere Verschuldung sind Autokauf und Umzug in eine eigene Wohnung. Hinzu kommen in Relation zur Einkommenssituation überzogene Konsumwünsche. Da junge Menschen in der heutigen Zeit ihre Wünsche sofort erfüllen möchten und die Aufnahme von Krediten als normalen Vorgang ansehen, andererseits Banken, Leasing-, Versand- und Telekommunikationsunternehmen jungen Menschen „Anschaffungen auf Pump“ sehr leicht machen, ja sie sogar dazu drängen, kann leicht aus einer angespannten Finanzsituation eine Verschuldungsspirale entstehen, die von den Betroffenen nur noch schwer auflösbar ist.

Handykosten spielen in diesem Verursachungszusammenhang bislang nur eine untergeordnete Rolle (ca. 8 bis 12 % der Fälle).

 

Haben diese drei Artikelauszüge Ihr Interesse geweckt?

Der Verlag schickt Ihnen das Heft (Auszug) gerne zu:
Merkur Verlag
31735 Rinteln

PS: Offenbar verschiebt sich der von uns festgestellte Einstieg in die Verschuldung (18-24) noch weiter nach unten - aktuell können schon 15% der 18- bis 20-Jährigen ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, vgl. "Konsum treibt vor allem junge Menschen ins Minus" (Nürnberger Nachrichten vom 01.02.2014).
Offenbar spielen dabei "Shoppen gehen", "Edelmarken" und "Kaufen auf Pump", somit überzogener Konsum, eine immer größere Rolle.
Aktuelle Daten und Informationen zur Verschuldung in Deutschland enthält der sog. "SchuldnerAtlas" von Creditreform (einer ähnlichen Organisation wie der Schufa): Link zum "SchulderAtlas".
Und die Hochschule Luzern hat interessante Überlegungen zu den möglichen Maßnahmen gegen Verschuldung vorgestellt: Wirkt Schuldenprävention? 
Gute Unterrichtseinheit zum Thema auf dem Landesbildungsserver BW: Link
    

 

 

 




Kontakt: Dr. Peter Kührt

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