Auszubildende bei
Banken untersuchten den Umgang ihrer Altersgenossen mit Geld ‑
Projekt an der B 4
VON MICHAEL KASPEROWITSCH
Mehr als drei Millionen Haushalte
sind bundesweit überschuldet, allein in Nürnberg sind es Tausende.
Schon jeder fünfte zahlungsunfähige Schuldner ist mittlerweile
unter 25 Jahre alt. Und speziell bei dieser Gruppe ist der Anstieg
alarmierend. 14 Schülerinnen und Schüler der Berufsschule 4 (B 4)
haben sich monatelang mit diesem Problem beschäftigt. "WAS ‑ Wege
aus der Schuldenfalle" hieß das Projekt der angehenden
Bankkaufleute. Sie befragten dazu insgesamt Hunderte von
Altersgenossen.
"Spektakulär und innovativ" nannte
Peter Kührt, B‑4‑Lehrer und Projektleiter, die Ergebnisse der
Arbeit, die die Schüler jetzt in der Norisbank vorstellten. Sie
stießen bei ihren Altersgenossen auf einen weit verbreiteten
"finanziellen Analphabetismus", wie sie den oft verschwenderischen
Umgang mit Geld nannten. Ihr Fett bekamen aber auch die Banken ab.
Ihnen kreideten die Nachwuchs-Banker eine bisweilen zu nachlässige
Beratung junger Kunden an.
Autos, Partys, Klamotten und Handys
stehen auf der Ausgabenliste der fast 400 Mitschüler ganz oben, die
die Projektgruppe "Berufschule" befragt hat. "Sparen kommt für so
gut wie niemanden in Frage", heißt es in der Auswertung. Und wenn
sie sich Geld bei Freunden oder Familienangehörigen ausleihen,
fühlen sie sich nicht einmal unbedingt verpflichtet, es auch
zurückzuzahlen. Sechs Prozent der 14‑ bis 25‑Jährigen haben sogar
schon "Krediterfahrung" bei Banken gemacht.
"Irgendwann"
zurückzahlen
Eine andere Gruppe hat
Jugendliche in der Breiten Gasse nach ihren Konsumgewohnheiten
befragt. Mehr als drei Viertel von ihnen hat danach bereits zwischen
500 Euro und 1000 Euro Schulden. Zwölf Prozent liegen sogar darüber.
Mehr als die Hälfte der jungen Schuldner kreuzte in der Rubrik
"Rückzahlung" an, dass sie das Geld "irgendwann" abstottern. Die
allermeisten wissen, was ein Dispo‑Kredit ist, die Bank hat ihnen
auch einen eingeräumt, mit der Aufklärung über die damit
verbundenen Kosten ist es aber nicht weit her.
Soll ein Dispo‑Kredit erhöht
werden ‑ Grund dafür ist vor allem ein "überzogener Lebenswandel" ‑
oder in einen Ratenkredit umgewandelt werden, geht in 85 Prozent der
Fälle die Initiative dazu von Bankmitarbeitern aus. Das hat die
Projektgruppe "Bankintern" herausgefunden. "Ist das sinnvoll oder
eine gute Lösung?" fragten deren Mitglieder. Sie fordern unter
anderem spezielle Jugendberatungsstellen in den Geldinstituten und
mehr Aufklärungsarbeit an den Schulen.
Mit den Gefahren der Werbung
beschäftigte sich eine vierte Schülergruppe. Sie stieß auf
besonders hinterhältige Methoden der Branche. Beispielsweise hat
sich ein 13‑jähriges Mädchen auf eine Flirt‑SMS eingelassen. Der
trügerische Austausch mit einem fiktiven "Dennis" endete bei 487, 35
Euro Handy‑Kosten.
Die Empfehlungen, Warnungen und
Hinweise, die die 14 jungen Forscher am Ende abgeben, "hätten wir
eher von besorgten Eltern und nicht von Jugendlichen selbst
erwartet", sagte Alexander Liebel, Leiter der B 4. Sie halten
scharfe Kontrollen der Ausgaben von Kindern seitens der Eltern für
sinnvoll, ebenso eine eingehende Einübung des Umgangs mit Geld. Wer
von zu Hause ausziehen will, sollte damit warten, bis die
finanziellen Möglichkeiten dazu auch ausreichen. Von den Banken
erwarten sie sich unter anderem strengere Prüfungen bei der
Kreditvergabe an Azubis oder Schüler. Wenn eine Bank so jungen
Kunden einen Kredit einräumt, sollte sie ein monatliches Sparen für
Notfälle zur "Grundvoraussetzung" machen.
Trotz solcher kritischer Töne
zeigte sich auch Frank Klingenberg, der bei der Norisbank unter
anderem für die Ausbildung zuständig ist, begeistert von dem
Engagement der Auszubildenden, die auch aus seinem Unternehmen
kamen. "Die Vergabe von Krediten gehört aber nun mal zum
klassischen Geschäft jeder Bank, und die Nachfrage bei jungen
Leuten steigt", sagte er, "es kommt nur darauf an, dass man fair
damit umgeht." Im Raum der Präsentation hingen Norisbank‑Plakate,
die für einen "easyCredit" warben. Strahlende und fröhliche junge
Leute sind darauf abgebildet. Darunter steht: "Das kann ich auch."
(Quelle: Nürnberger Nachrichten
23.07.05) |