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Ökonomische
und politische
Instrumente Wie kann der Staat nun nach dem Prinzip der Internalisierung externer Kosten (Vgl. Grundproblem und Lösungsprinzipien) das Verhalten von Unternehmen und Haushalten ökologisch und ökonomisch nachhaltig steuern? Altmann unterscheidet folgende umweltpolitischen Instrumente:
Unternehmen und private Haushalte erhalten vom Staat technische Vorschriften, die sie beim Betrieb der Anlagen einhalten müssen. Der Staat verlangt von Unternehmen und Privathaushalten Steuern, Beiträge oder Gebühren. Steuern können in Form von direkten oder indirekten bzw. Personen-, Sach- oder Verkehrssteuern erhoben werden. Im Idealfall bürdet der Staat den Verursachern von Umweltschäden die durch sie verursachten Kosten der Schadensbeseitung auf. Steuern sind ihrer Natur nach nicht an bestimmte Ausgabenzwecke gebunden. So fließen z.B. die Einnahmen der sog. "Öko-Steuer" in Deutschland, die der Verbrauch von Benzin, Heizöl und Gas besteuert, in die Finanzierung der Sozialversicherung. Der Staat definiert ein Sollziel der Umweltbelastung und gewährt in diesem Rahmen Emissionsgenehmigungen an Unternehmen. Diese Lizenzen sind in der Folge zwischen den Unternehmen handelbar, so dass ein Unternehmen, das die Emissionsgenehmigungen nicht mehr in vollem Umfang benötigt, diese an andere Unternehmen weiter veräußern kann. Der Staat definiert privatrechtliche und strafrechtliche Haftungsfolgen für Unternehmen und deren Angestellte sowie für Privatpersonen. Der Staat vereinbart mit einer Gruppe von Unternehmen bzw. Unternehmensverbänden Verpflichtungserklärungen oder verzeichtet auf gesetzliche Regleungen im Hinblick auf solche Selbstverpflichtungen von Unternehmensverbänden. Selbstverpflichtungen kommen auch auf internationaler Ebene vor. Ein Beispiel hierfür ist das Protokoll von Kyoto. Wicke unterscheidet in ähnlicher Weise:
Die Bundesregierung sieht folgende Ansatzpunkte für konkrete Umweltpolitik::
Abwägung der Instrumente Alle umweltpolitischen Instrumente haben ihre Probleme, Vor- und Nachteile:
großer staatlicher Überwachungsaufwand; Unternehmen und private Haushalte halten nur die Auflagen ein, haben aber keinen Anreiz für weitere Emissionsreduzierungen; permanente Gesetzesänderungen infolge des technischen Wandels Um den Verursachern von Umweltschäden die durch sie verursachten Kosten der Schadensbeseitung per Steuern aufzubürden, müsste der Staat diese Kosten und die Zusammenhänger der Schadensverursachung kennen - dies ist in der Realtität nicht der Fall; die Steuern sind daher immer zu hoch oder zu niedrig; nach deutschen Steuerrecht sind Steuern nicht verwendungsbezogen, können also für alle hoheitlichen Aufgaben und nicht nur für Umweltschäden ausgegeben werden; Unternehmen und Privathaushalte werden versuchen, der Besteuerung zu entgehen bzw. diese zu minimieren - dies beinhaltet i.d.R. aber keinen Anreiz zu einer Minimierung der Umweltbelastung Das Hauptproblem beim Emissionshandel dürfte die Erstausgabe der Emissionsrechte sein (Versteigerung der Rechte oder Abgabe nach bisherigen Emissionszahlen, womit die "schwarzen Schafe" belohnt werden). permanente Gesetzesänderungen infolge des technischen Wandels; Umweltschäden müssen privatrechtlich verfolgt werden (großer Klageaufwand, lange Verfahrenszeiten, schwieriges Eintreiben der Schadenssummen, de facto-Benachteiligung der wirtschaftlich Schwachen); fehlende Haftungsgrundlagen und rechtliche Zugriffsmöglichkeiten, insbesondere im internationalen Rahmen oftmals schwieriger Nachweis von Verschulden und Wirkungszusammenhängen; großer staatlicher Überwachungsaufwand für Schadensnachweis; Unternehmen und private Haushalte versuchen nur einem Schadensersatz zu entgehen, haben aber keinen Anreiz für Emissionsreduzierungen Verpflichtungserklärungen kommen in der Regel nicht freiwillig zustande, sondern nur um weiter gehende Auflagen zu vermeiden; großer Überwachungsaufwand; fehlende Sanktionen für Verstöße, insbesondere im internationalen Rahmen. Altmann (Umweltpolitik, 1997, S. 142 ff.) kommt zusammenfassend zu folgenden Feststellungen:
Weitere Instrumente könnten z.B. Bonussysteme (z.B. Steuergutschriften für Emissionsreduzierungen oder Gutschriften für Einsparungen gegenüber einer staatlich festgelegten Soll-Emission), Auflagen (Bau und Betreiben einer Kläranlage durch den Schädiger ab einer bestimmten Emissionshöhe), Öko-Steuern im eigentlichen Sinne (Besteuerung des Energieverbrauchs und Mittelverwendung ausschließlich im Umweltbereich), Verbote (Verbot aller PKW über drei Liter Verbrauch), Förderpreise (Honorierung von Energieeinsparungen etc.) und Anreizsysteme (Subventionierung der Anschaffung von 3-Liter-Autos) sein. Denkbar wären auch gesellschaftliche Anerkennungen für Schadensvermeidungen oder Schadensreduzierungen. Ein Problem vieler Maßnahmen ist die damit verursachte Benachteiligung wirtschaftlich schwacher Bevölkerungskreise (Ein Bonus für den Kauf eines 3-Liter-PKW ist wirkungslos, wenn der Haushalt nicht genügend finanzielle Mittel hierfür hat; andererseits kommen wirtschaftlich starke Bevölkerungskreise in den Genuss des Bonus). Ein weiteres Problem nahezu aller Maßnahmen ist die zwangsläufige Honorierung des Konsums von Umwelt, da man nur dann in den Genuss eines Bonus oder einer Steuerbefreiung kommt, wenn man überhaupt Umwelt konsumiert. Statt dessen sollten eigentlich die Unternehmen und Haushalte prämiert oder gefördert werden, die Umwelt nicht oder nur in geringem Maße nutzen. Last not least müssten flankierend auch andere Politikbereiche (z.B. die Bildungspolitik oder der Verbraucherschutz) ökologische Zielsetzungen verfolgen. Diskussion im Seminar Am umstrittensten unter den Thesen von Altmann (Umweltpolitik, 1997, S. 142 ff.)
war
insbesondere die Frage, ob Umweltzertifikate oder Umweltabgaben in
ihren
Folgewirkungen und Handlungsfreiheiten sozialer wären.
Ein
Emissionsrechtehandel auch über die bisherigen EU-Beschlüsse
hinaus (noch fehlende Kontrolle!) wäre zwar eine sehr
komplizierte,
aber prinzipiell denkbare Lösung (CO2-Emissionsrechte für
alle
Haushalte und Unternehmen in Deutschland, mit jährlichen bzw.
periodischen
Emissionsmesssungen und Rechtehandel in Form von
Genussscheinen
analog zum Aktienhandel über die Börse; PKW-Emissionsrechte
nach
Emissionswerten und gefahrenen Kilometern; Handel analog; in beiden
Fällen
strikte Kontrollen und Sanktionen)..
Demgegenüber
erscheint die steuerliche Belastung des Verbrauchs als wesentlich
einfacher
und billiger. Allerdings stellt sich hier die Frage, ob man damit
auch die späteren Emissionen belastet, ob die Steuern dann
adäquat
und zielgerichtet verwendet werden. Kritisiert wird die mangelnd
Sozialverträglichkeit,
da alle Verbraucher gleichmäßig belastet werden.
Demgegenüber
hätte eine Zertifikatslösung den Vorteil größere
Handlungs-
und Entscheidungsfreiheiten für Unternehmen und Haushalte.
Ausblick
Wilhelm konstatiert: "In der Bundesrepublik gibt es einen Konsens darüber, marktwirtschaftliche Instrumente verstärkt einzusetzen - es geschieht nur nicht." (Wilhelm, Sighard, Umweltpolitik, Opladen 1994, S. 115) Davon gibt es nun eine Ausnahme: Die EU will bis 2005 den Handel mit Verschmutzungsrechten einführen. Praktisches Beispiel: Der Emissionshandel in der EU Beim Emissionshandel sollen ab 2005 den Betreibern von Industrieanlagen wie Kraftwerken oder Zementfabriken jährlich abnehmende Verschmutzungszertifikate (z.B. über den Ausstoß von CO2) zugeteilt werden. Nicht benötigte Verschmutzungsrechte können an Unternehmen verkauft werden, die die festgelegten Emissionsgrenzen noch nicht einhalten können. An dem Emissionshandel sollen sich ca. 4500 Industriebetriebe beteiligen, mehr als die Hälfte befinden sich in der Bundesrepublik. Die Unternehmen dürfen die Verschmutzungsrechte in einem Pool selbst verwalten. Wie erfolgt die Erstausgabe der Rechte? Die Verschmutzungsrechte sollen nicht versteigert, sondern kostenlos an die Unternehmen vergeben werden. Dabei sollen die bisherigen Kohlendioxyd-Verminderungen in Deuschland seit dem jahr 1990 anerkannt werden. In der Pilotphase von 2005 bis
2007 können
die nationalen Regierungen einzelne Untenehmen noch von der
Verpflichtung
zum Emissionshandel ausnehmen. Hintergrund des
EU-Emissionshandels: Auf der internationalen Klimaschutz-Konferenz von Kyoto hatte sich die EU verpflichtet, die wichtigsten Treibhausgase im Vergleich zu 1990 um 8 Prozent zu vermindern. Deutschland soll als größter Emittent in der EU eine Emissionsreduzierung von 21 Prozent beisteuern. Deutschland bringt mit 991 Millionen Tonnen deutlich mehr Treibhausgase in die Atmosphäre als Großbritannien (649), Italien (544), Frankreich (542), Spanien (386), die Niederlande (217) und die übrigen EU-Staaten. Andererseits wurden in Deutschland mit - 19% auch die größten Emissionsreduzierungen gegenüber 1990 erzielt, nur das kleine Luxemburg war mit - 45 % nocherfolgreicher (Großbritannien - 13%, Italien + 4%, Frankreich - 2 %, Spanien + 35 %, die Niederlande + 3 % und von den übrigen EU-Staaten Griechenland + 24 %, Portugal + 30 %, Irland + 24 %). Vgl. Globus Dc-7451 vom 04.11.2002 Weltweit ist allein der CO2-Ausstoß von 13,7 Milliarden Tonnen in 1971 auf 22,6 Milliarden Tonnen im Jahr 2000 gestiegen. Bis 2030 wird ein Anstieg auf 38,2 Milliarden Tonnen prognostiziert. Treibhausgase sind nach Meinung vieler Wissenschaftler auch für den globalen Temperaturanstieg verantwortlich. Vgl. Globus Dc-8134 vom 18.11.2002 Ursache des Emissionsanstiegs von CO2 ist nicht der steigende Weltenergiebedarf. Er stieg von 5 Milliarden Tonnen Öleinheiten in 1971 auf 9,2 Milliarden Tonnen Öleinheiten in 2000 und wird sich bis 2030 auf schätzungsweise 15,3 Milliarden Tonnen erhöhen. Vgl. Globus Ha-8123 vom 11.11.2002 Links zum EU-Emissionshandel:
Schroeder-mahnt-faire-Lastenverteilung-bei-EU-Em...htm einigen_sich_ueber_Emissionshandel_8349.html meldung001399.main.html frame2=menue04.htm&frame3=kap4b/40je0072.htm Downloadangebote des Institut
für
Agrarpolitik, Marktforschung und Wirtschaftssoziologie der
Universität
Bonn: PowerPoint-Präsentation
"Wohlfahrtsökonmie" Paradigmen der Umweltsoziologie
Downloadangebot: Seminaraufgaben
zur Umweltpolitik (Word 97) |
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