Allheilmittel Individualfeedback?

Eine kritische Anmerkung

Gestern waren auf unserer Berufsbereichskonferenz zur Abwechslung mal die jüngeren Kollegen und Kolleginnen sauer, konsterniert und frustriert. „Fehlende Prüfungsvorbereitung“ – obwohl wir doch seit drei Wochen nichts anderes machen und auf jeden Schülerwunsch eingegangen sind??? „Zu viele Fallstudien und Unterlagen“ – obwohl im letzten Jahr doch mehr Unterlagen gefordert wurden??? Usw.

Die einen Schüler wollen mehr Prüfungsaufgaben im Unterricht, die andere wollen die lieber zuhause machen. Die einen wollen mehr Arbeitsblätter, die anderen weniger. Etliche haben immer noch mehr Wünsche und natürlich ganz andere, als diejenigen, die schon erfüllt werden. Gut, dass wenigsten ein paar Schüler das Ganze ok finden.

Ob das viel gepriesene Schülerfeedback tatsächlich der richtige Steuermotor von Qualitätsmanagement und pädagogischer Schulentwicklung ist, dies erscheint zunehmend fraglich.

Nicht nur, weil man ein dickes Fell gegen individuelle Schmähungen braucht und sich als Lehrer oftmals verkannt fühlt, es bringt letztlich auch nicht viel. Nahezu alle Neuerungen, die wir auf Schülerwunsch hin umgesetzt haben („lieber Spanisch statt Steuerlehre“), haben wir inzwischen wieder revidiert, weil das Feedback des Folgejahres entgegengesetzte Ergebnisse brachte („Was sollen wir mit Spanisch?“).

Letztlich wird das wohl dazu führen, dass man die Ergebnisse einfach nur noch abheftet, um den Dokumentationspflichten Genüge zu tun. Ersatzweise legt man sich ein „dickes Fell“ zu, um mit der geäußerten Kritik „professionell“ umgehen zu können, oder man fragt nur noch Sachen, die unproblematisch sind und einen nicht mehr verletzen können.

Ob das also letztlich so viel bringt?

Waren da die viel geschmähten Notendurchschnitte in der IHK-Prüfung nicht doch ein einfacherer und besserer Indikator?

 

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