P R E S S E




 

 


Kritiken zu WORK 2010/11


MICHAEL AMMANN Work 2010/11: Mein erster Eindruck von dieser akustischen Kunst und Spatialphonetik ist der eines Parasiten vom Biotop, das ihn als Wirt trägt.Und diese ‘OtZone’, diese ganze Welt, ist hier ein exorbitantes Maulwerk. Denn die einzige Klangquelle ist die Stimme, allerdings stark bearbeitet, gefiltert und spationiert. Ammann, seit 1990 in Fürth und von da aus Initiator des Elektroakustischen Raumklang Festivals Quadrophonia in Nürnberg, ist Spezialist für Raumklang, gipfelnd in der Wellenfeldsynthesetechnik, die eine ‘akustische Holographie’ ermöglicht. Aber auch schon beeindruckend mit seinen Neuvertonungen von Metropolis, Vampyr und The Fall of the House of Usher im Surroundformat 5. 1.
Ein schönes Stichwort bei ihm ist ‘UKO’, was sich als Unbekanntes Klang-Objekt lesen lässt. Ammann gestaltet phänomenale Narrative, indem er sein Klangmaterial sowohl verfremdet als auch besonders plastisch erscheinen lässt. Hier ist es der Mund, das Maul, als Walfisch für einen Jonas, als Terra incognita für eine Jules-Verne-Expedition. Als Phil-Minton-Schlund, so alpin vergrößert, dass man Stühle aufstellen kann, um mit dem Fernrohr phonetische Steinschläge, schmatzende Eruptionen, zischende Wasserfälle, Vokalabgänge und Konsonantlawinen so nah wie möglich zu erleben. Es bildet sich in diesem gedehnten Raum und den mitverzerrten Zeitblasen, in denen die Sekunden gedehnter ticken, eine phänomenologische Dyade und dem Mahl-, Mampf- und Schmatzwerk, dem Höllensturz und dem Verdauungsgebrodel, das ‘uns’ erwartet. Metamorphosen von Humanem zu Animalischem zu Organischem und weiter zu Mineralischem, Kristallinem, Metalloidem.

BA 82 Rigobert Dittmann, 2014


Subtitled “Manipulated Instant Auditives,” this is a collection of pieces ranging from 3-6 minutes of “acoustic art.” What that means is that Michael Ammann uses his voice in various phonetic and electronic permutation in the attempt to mix time and sound into an organic whole. Digital filtering, spacing and various software uses are played with, with the results mixing Eno-like ambience with Kraftwerk inspired musings. There are various buzzes, bleeps and blurps along with sounds akin to skipping record needles and dental drills, creating an almost visceral reaction. I’m not sure if this is more musical/art than scientific, but it is original and consistent.

by George W. Harris / JazzWeekly • August 11, 2014


A series of electronics pieces which seem to be largely, if not entirely, voice-sourced.
Ammann, as I understand it, refers having his audience in the dark, wearing sleeping mask, centered among speakers. I can see the music working well there, in an INA GRM kind of way--the electronics themselves are often gripping and always solid enough. They’re often whispered in a manner that comes off as theatrically menacing and, when elaborated or otherwise modified by the electronics.

Posted by Brian Olewnick at 5/15/2014


“Noch bevor ich die Tür zu meinem Parkdeck öffnete wusste ich, was mich erwartet......Ungefähr eine Wolke elektrisch geladener Teilchen, die bellend über mich herfällt, Fledermäuse in Ruderbooten. Berüchtigt für Stimmungsschwankungen. Wenn sie erst einmal in dein Ohr gelangen und dort ganz andere Saiten aufziehen, wie das brüllt und stöhnt! Schon mal in der Tiefgarage einen Elefanten aufgeblasen und platzen lassen, in Zeitlupe? Das Getöne und Gesummse lässt einen nicht wieder los, trägt einen fort. In den Entlüftungsanlagen. Nein, ein verstorbener Nachrichtensprecher. Häuft unermüdlich seinen Singsang auf, quetscht seine Stimme in jeden Lüftungsschacht, bis es unten herausquillt, braun-rosa und schwer, vom Lüftungsgitter in Scheiben geschnitten. So fluppt das raus auf die SUVs in der Tiefgarage. Es riecht nach Marshmallows. Unter den Fahrzeugen aber igeln sie sich ein, die Krokodilbabies. Nein, die Anwälte der Krokodilbabies.
Oder sind es schon Kleinkinder? Die stehen mit dem Alphorn auf der obersten Parketage, der Alphornton rollt. Die Auffahrten herab. So tief, so warm, du denkst an Sommerurlaub auf einer Insel. Nur röter, viel röter ist dieser Gesang: Duett aus verstorbenem Schaumgummi und Alphornschokolade. Kein Alarmton. Das Heulen. Lässt uns nicht an Feueralarm denken. Es ist langsamer und kommt nicht aus der Stadt.”
“Ich bin begeistert!!”

Christian Schloyer - Lyriker (2011)

STIMMEN

 ".....subtile KlangCollagen, die sich wunderbar eignen, Bildwelten von Lynch, Cronenberg, Kafka, Vian etc. zu vertonen."
(Rolf Feilmann, Bildender Künstler, Hannover)

"Jetzt klick, klick, klick... .Eine kleine Kamera. Eingepflanzt in meinem Hirn, um die Bilder festzuhalten, die während des Konzertes von Michael Ammann vor meinem inneren Auge entstehen. ....himmelhohe in sich zusammenbrechende Baugerüste hinabstürzend auf das Treiben ahnungsloser Beduinen, die Szenerie gerahmt von gemächlich routierenden Rettungsringen (klick), ......geflüsterte Kommandos unter Hockeyspielern, die in Kanalisationen leuchtend blau gechlort mit den Schlägern an Wänden schaben (klick), .....direkt an meinem Ohr, sich quetschende Reptilhaut übergeblendet in eine Ebene von Blüten, die stetig und ruckelnd an meinem Körper aufwärts fährt (klick, klick, klick)."
(Saskia Stern, Fotografin)

"Der Soundkünstler und Improvisateur Michael Ammann versteht es meisterhaft Klänge ineinander zu verweben und Momente der Stille, mit brachialen Ausbrüchen und weiten Flächen zu koppeln. Der gezielte Einsatz klanglicher Polaritäten und Stimmungen, deren Kombination, deren Brüche und Verfremdungen und die Verteilung der Klänge im Raum, schaffen 'suspense et surprise'. Das akustische Spektrum ist dabei höchst facettenreich."
(Clemens Russ, DJ Hoster)


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METROPOLIS

Aufführungen 2016/17

Fritz Langs Stummfilmklassiker „Metropolis“ kennt jeder Kinofan. Die höchst eigenwillige Vertonung durch den Fürther Klangkünstler Michael Ammann nicht ganz so viele. Ein Wiederhören und -erleben gab es nach sieben Jahren nun erneut im Babylon-Kino im Rahmen von dessen Zehn-Jahr-Jubiläumsprogramm - ergänzt um die 80 Jahre lang verschollenen Szenen des Originals, die 2008 in Argentinien entdeckt wurden.
Und plötzlich wird ein Stummfilmklassiker topaktuell: Reichlich experimentelle Elektroklänge hat der Fürther Klangtüftler Michael Ammann ins bald 90-jährige „Metropolis“-Epos gebracht....
....So ein Stummfilmabend hat meist etwas Unterhaltsames. Da mag, wie in „Metropolis“, die halbe Welt einstürzen, weil die geknechteten Arbeiter nicht mehr in der Unterstadt an ihre Maschinen gefesselt bleiben wollen: Ein pathetisches Orchester oder ein Live-Musiker am Klavier distanzieren das grausamste Leinwand-Geschehen mit theatralischen, oft auch mit kontrastierenden, unfreiwillig heiteren Tönen.
Der Komponist und Klang-Pionier Michael Ammann, als Improvisator und Vokalkünstler weit über Fürth hinaus bekannt, ging bei seiner Vertonung von Fritz Langs berühmtestem Film einen ganz anderen Weg. Statt Erhabenheit oder Beschwingtheit herkömmlicher Musik ist bei ihm experimentelle Elektronik angesagt. Er erzeugt einen Sound aus sphärischen Klängen, Industrial-Anleihen, Hörspiel-Elementen, verzerrten Sprechgesängen und dramatischen Motorengeräuschen.


Aufführungen 2009


"Die Klanggestaltung mit der Wellenfeldtechnik, die Metropolis durch Michael Ammann erfährt, erzeugt beim Zuschauer eine intensive Nähe zu dem Geschehen des Films. Die unterbewusst wahrnehmbaren Signale werden vergrößert und dadurch bewusst gemacht, man kann sagen darin wirkt die Komposition von Michael Ammann bewusstseinserweiternd."
Bertina Schulze-Mittendorff (Tochter von Walter Schulze-Mittendorff / Plastiken Metropolis, Hamburg Jan. 2009)

"Uns haben die Sphärenklänge bspw. im Labor und im Kontext des Molochs überzeugt."
Friedrich Wilhelm Murnau Stiftung (Wiesbaden Feb. 2008)

Peinigend wuchtige Klangwellen
Metropolis in der 5.1 Neuvertonung von Michael Ammann.
“Fritz Langs Stummfilm-Klassiker Metropolis von 1927 hat im Laufe der Zeit diverse Bearbeitungen erlebt, darunter die verschiedenartigsten Begleitmusiken. Nun hat der Fürther Komponist Michael Ammann eine Tonspur für den Zwei-Stunden-Streifen entwickelt, die mit den Konventionen der Stummfilm-Vertonung konsequent bricht - und gerade deshalb besonders aufregend wirkt.
Michael Ammann, in Fürth lebender und über Fürths Grenzen hinaus bekannter Improvisator, Vokalkünstler und Soundtüftler, setzt den diversen Musik-Adaptionen für Metropolis eine Welt der Geräusche, einen ganzen Kosmos irritierender Klänge entgegen.
Michael Ammann hat dazu einen dichten Klangteppich, eine oft verstörende oder zumindest irritierende Geräuschkulisse geschaffen, die den Kinogänger in wuchtigen Wellen körperlich trifft. Wenn der wütende Arbeiter-Mob die Herzmaschine vernichtet und dadurch die unterirdische Stadt der Vernichtung durch plötzlich freiwerdende Wassermassen preisgibt, dann steigert sich die pulsierende Maschinenmelodie zu einem peinigendem, schmerzhaftem Lärm, der ins Geschehen hineinzieht, der das Abschalten, die virtuelle Flucht vor der Macht der visuellen Eindrücke unmöglich macht. Keine flauschigen Melodien lenken hier mehr von dem Sog ab, den Langs schwarzweiße Visionen erzeugen. Ammann ist eine so puristische wie packende Version gelungen.”
Hans von Draminski (FN 17.3.2009)

"Ein echter Genuss! Ich habe den Film schon mehrmals gesehen, aber dieses Mal sah ich Szenen, die mir vorher nie aufgefallen waren und der Film 'zog sich' auch nicht so...Ich konnte wahrhaftig die Hitze spüren, den Sandstein unter den Fingern fühlen, den muffigen Geruch im Keller riechen und Freders Adrenalinkick teilen. Das muss eine Filmbegleitung erst einmal schaffen! Sehr gut gemacht!"
Wiebke Lutz (Hörkunst e.V. Erlangen)

Michael Ammann's "Metropolis"
"Cineasten kennen "Metropolis", den legendären Stummfilm-Klassiker von Fritz Lang aus dem Jahre 1927. Cineasten schätzen "Metropolis", den visuellen Einfallsreichtum, die futuristische Architektur, den für die damalige Zeit unglaublichen technischen Aufwand dieses wuchtigen Stück Kinos, welches gemeinhin dem Science-Fiction-Genre zugeordnet wird. Cineasten haben "Metropolis" schon mehrmals gesehen - in verschiedensten Versionen der musikalischen Untermalung, mit pfiffigen Percus-sionisten, Kammermusiktrios oder reiner Streicher-Begleitung.
Und selbst für diese exotische Spezies der Kinogänger ist das Erstaunen riesengroß, wenn sie plötzlich "Metropolis" in der Bearbeitung von Michael Ammann sehen. In der gibt es nämlich gar keine Musik, sondern nur künstliche Geräusche oder genauer gesagt nur Stimmlaute - allerdings bis zur Unkenntlichkeit durch modernste PC-Technik in eine Toncollage verwandelt, für deren Beschreibung es schlicht und einfach keine Worte gibt. "Sounddesign" wäre wohl der korrekte neudeutsche Begriff dafür. Darf man das, einem Klassiker einfach frech die ursprüngliche Partitur wegnehmen und in ein zeitgemäßes Gewand stecken? Man denke bloß an die farblichen "Modernisier-ungen", bei denen ein Pseudo-Künstler wie Georgio Moroder gerade dieses Werk vor einigen Jahren in einer Art Pop-Kultur-Wahn grässlich verunstaltet hat.
Aber 'musikalisch' funktioniert es. Nicht nur das: es fasziniert!! Auch wenn diese Umschreibung abgedroschen klingen mag, aber durch diese "Ton-Bearbeitung" wirkt "Metropolis" auch für Cineasten noch einmal wie ein völlig neuer Film. Dessen "musikalische" Grundstimmung ist nicht nur düster, sie ist beklemmend (und rückt damit Fritz Langs Werk in die Nähe der expressionistischen Horrorfilme jener Zeit). So beklemmend, dass manche Zuschauer am Schluss vor lauter Anspannung das Klatschen vergessen. Szenen, die man bisher der theatralischen Kitschgrenze zuordnete und milde belächelte, wirken nun klaustrophisch und alptraumhaft. So wie der ganze "neue" Film. Wenn es je eine Fassung gegeben hat, die diesem visionären und futuristischen Film die angemessene "Stimme" gegeben hat, dann ist es diese. Die atemberaubende Architektur der Bilder und die adäquaten irritierenden "Klänge" gehen eine Symbiose ein und ergeben so ein neues Ganzes.
Diese "Metropolis"-Fassung ist nun ein Film geworden, den man sich unbedingt anhören sollte. Nicht nur Cineasten. Auch alle anderen, die über Ohrmuscheln verfügen....."
Rainer Mesch (Ufer Palast Fürth)

"Michael Ammann hat es geschafft, den doch schon oft gesehenen Klassiker "Metropolis" von Fritz Lang mit seiner Komposition völlig neu zu interpretieren. Moderne, elektro-akustische Klangerzeugung trifft Stummfilm. Das gewagte Experiment am großen Erbe der Kinogeschichte ist gelungen und gibt dem Film eine neue Raumebene, die ihn aus der Vergangenheit in die Gegenwart holt, ohne ihn an sich zu verfälschen oder dessen Inhalt neu umzuinterpretieren. Eine in unserer Region seltene Bereicherung."
Alexander von Prümmer (Medienkünstler Berlin)

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AMMANN//HORN Instant Auditives 2.0 UKO


Die Erfahrung ist schwer zu beschreiben. Auf jeden Fall war es Mittwoch am frühen Abend. Als mir M. für die bevorstehende Akustik-Performance eine Schlafbrille reicht sehe ich diese amüsiert an. OK, ich setze sie also auf - warum auch nicht. Schließlich scheinen es sich die meisten der 20 Anwesenden bequem zu machen. Also strecke ich mich vorsichtig auf dem braunen Ledersofa der Weinerei aus. Ich lausche, es geht unvermittelt los: Zuerst wimmert es, ein Knarren, ein Reißen. Beides wirkt in überraschender Weise direkt körperlich auf mich. Jemand scheint in ein Kellergewölbe einzubrechen und dabei Drähte durchzuschneiden, erst ein vorsichtiges Schaben dann knallt der Draht plötzlich. Ich habe die Assoziation als würde da eine Türe aufgesprengt. Ich kann den wirbelnden, bitteren schmeckenden Staub förmlich riechen, es ist aber kein physischer Staub da, ich fasse an meine Schlafbrille. Das anfängliche Wimmern steigert sich. Ich merke das Ganze macht mich jetzt eindeutig nervös. Schabende Geräusche? Ich suche wie verzweifelt nach passenden Metaphern - ja es klingt wie Insekten. Ist es Inspektensprache? Nein es ist eine „Unsprache“ - was für ein merkwürdiges Wort denke ich mir habe ich da kreiert? Ich verstehe sie nicht diese „Unsprache“, aber ich bemerkte erstaunt dass ich sie um jeden Preis verstehen möchte- viel mehr wie verzweifelt ich auf einmal bin sie nicht zu verstehen. Das Wimmern steigert langsam zum Selbstgesräch. Laute die von einem noch sprachlosen Kind stammen könnten - oder vom vergessenen Insassen einer verschütteten Psychiatrie. Gibt es einen Dialog zwischen den “Schaben” und dem Kind - nein, jeder ist für sich und trotzdem verdichtet sich alles zu einem beklemmend atmosphärischen Ganzen. Ich spüre allzu deutlich die Wirkung auf meinen eigenen Pulsschlag und der erste Gedanke den Raum zu verlassen steigert sich schnell stufenlos zum echten Bedürfnis. Ich sollte diese verdammt Brille abnehmen… Schreie werden zu ohrenbetäubenden Lärm. Ich spüre meinen pochenden Herzschlag, will aufstehen und laufen aber meine Arme fallen sogleich ermattet zurück auf das Ledersofa und das Brennen von Adrenalin glüht nur kalt in meinen Muskeln. Ich schalte ab, schalte wieder zu. Wie lange geht das so …ich merke durch die Schlafbrille schwindet auch mein Gefühl für Zeit. Waren das nur Sekunden? Dann transformiert sich das Donnern der Akustik zunehmend zu einem rhythmischen Mahlen und Summen. Noch nie war ich so dankbar für Gleichförmigkeit. Die Stimme fügt sich zögernd in den Rhythmus ein. Höre ich da den Ansatz eines bachschen Dreiklangs, den ersten menschlichen Ansätzen in diesem mechanistisch- brutalen Chaos? Plötzlich und ebenso unvermittelt wie mein Begreifen ist auch der erste Akt auch zu Ende. Ich fühle mich wie erlöst, sehe Engel und fühle Dankbarkeit aufsteigen - nicht weil es vorbei ist - nein, wegen der Auflösung, der ersten Andeutung eines “Menschwerdens”. Ich spüre, mein Körper möchte sich erheben und jubeln. Ich nehme die Schlafbrille ab und sehe ich bin nicht der Einzige der beeindruckt ist. Es fehlen die Worte um mich mit meiner Nachbarin auszutauschen - wir sehen uns an und lächeln wie mir scheint, in Ermangelung einer adäquaten Emotion.
Der zweite Akt beginnt so ambient dass ich diese randomisierte Stille nahezu so ebenso ignoriere so wie die Klänge der Gegenwart meines täglichen Lebens - ein Büro in dem Büroklammern seltsam unwirklich zu Boden schweben. Ich verpasse den Aufprall. Als die Stimme vorsichtig wieder einsetzt erwache ich und lausche. Langsam beginne ich zu fühlen dass ich einem Rätsel dicht auf der Spur bin: Ich verstehe, die Geräusche sind ist keine „Unsprache“ - nein es ist unsere Sprache nur aus einer anderen Dimension betrachtet. Vor mir, wie eine Triangel in einem verzerrt querliegendem Raum schiebt sie sich vorbei. Dann erscheint plötzlich ein wie aus dem Nichts auftauchender monoton pochenden Raumfrachter. Aber es ist nicht die Bewegung der beiden Objekte der ich da lausche. Ich bin mir jetzt sicher ich höre ein “Inneres” das aus dem Frachter dringt. Es sind, wird mir klar, die Klänge der Schatten des Sichtbaren, die wie eine Schale die Wirkungen des “Etwas”, seltsam asymmetrisch spiegeln. Ich schwebe in dieser Vision des Unhörbaren - wie lange weiß ich nicht. Ich habe scheinbar meinen Verstand verloren. Egal, ich bin erregt und so dankbar die Unsprache endlich dekodiert und wie mir scheint auch meine Sprache wieder gefunden zu haben. Die Perfomance ist zu Ende. Ich richte mich auf, ziehe die weiche stoffene Schlafbrille langsam von meinem Gesicht. Der Applaus hält lange an.
Joerg Bauer, 07. Mai 2015 Weinerei Nürnberg


Wenn ein Mensch das Geräuschrepertoire, das ihm zur Verfügung steht, zu erkunden versucht, dann könnte er diese Geräusche klassifizieren, katalogisieren, verfremden oder zu bestimmten Zwecken einsetzen oder dies zumindest versuchen. Nicht so Michael Ammann. Er erfindet eine Situation, schafft sich einen persönlichen Raum und arbeitet darin an der Ausbreitung seines Improvisations-Universums. Dies geschieht zweckfrei und quasi anti-ästhetisch, ohne dabei jedoch unästhetisch zu wirken. Es geht um etwas anderes, um einen persönlichen und authentischen Augenblick,
um das Schaffen eines sehr speziellen Daseins-Momentes. Da ist weder Platz für eine formale noch für eine gedankliche Anpassung, auch ist dies kein Schauspiel, keine Rolle, in die da jemand schlüpft.
Gestik und Mimik wirken extrem aber durchaus echt, weil sie besagt zweckfrei zum Ausdruck kommen, nicht geprobt und 100% risikobehaftet. Und so scheint es mir, als ob es hier um den höchsten Anspruch geht, den ein Künstler an sich stellen kann: um das (Er-)Schaffen von einzigartigen Momenten, die unglaublich intensiv gelebt werden und an denen wir als Zuschauer und Zuhörer teilhaben und staunen dürfen.
(Lutz Krutein - Kurator & Künstler Kunstraum Weissenohe 2014)

Wenn Michael Ammann und Günter Horn sich zum Klingen bringen, verwandeln sie sich in ein fremdes Wesen, dessen Kommunikations- und Klangkörper nur noch aus Mund und Rumpf besteht – mit der Stimme von Ammann und dem (Gitarren)rumpf von Horn nimmt das Wesen mich auf. Neugierig und hungrig nach Eindrücken fern von dieser Welt schließe ich die Augen, vertraue ich mich an und lasse mich ergreifen. Jeder Körperklangteil dieses Wesens schildert mal gemeinsam, mal jeder für sich - die Beschaffenheit der Fremde. Da dort die physikalischen und musikalischen Gesetze aufgehoben scheinen, hat meine Fantasie freien Lauf und ich erlebe in diesem entrückten Zustand amüsantes,
furchterregendes, ungewohntes, anheimelndes, abstoßendes und erfrischendes. Eine beglückende, genussvolle Reise.
Schade fast, dass ich wieder zurück kehren muss.
(Wiebke Lutz - Kunstraum Weissenohe 2014)

In einem Raum ertönt ein schrille, hohe Stimme. Sie hat etwas Besänftigendes und zugleich Eindringliches und Bedrohliches. Plötzlich hört sie auf und erklingt unvermittelt in tiefer Tonlage. Peinlich berührt fühlen wir Zuschauer uns in der teils vulgär anmutenden Geräuschkulisse aus Würge- und Speilauten. Mit der Zurschaustellung dieser menschlichen Laute fühlen wir uns überfordert und zugleich machen sie uns aber auch neugierig.
Keine leichte Kost, die uns Ammann stimmlich und Horn an der Gitarre zutiefst ehrlich darbieten.
(Kerstin Schmitt - Künstlerin Kunstraum Weissenohe 2014)


CD "INTIMATE VIBRA" Reviews

Kuriose Klangräume

Sie ist keine Musik-CD im herkömmlichen Sinne. „Intimate Vibra“ (erschienen bei Schräg und Schön) ist eine Klänge-CD. Die Autoren und Interpreten: der Schweinfurter Gitarrist und Komponist Günter Horn und der Fürther Klangkünstler und Phonetiker Michael Ammann. Die beiden erkunden improvisatorisch die Möglichkeiten ihrer Klangquellen, also der Stimme, des gesamten Mundraums und des Atems einerseits und der Gitarre andererseits. Das bedeutet, dass die Unterscheidung zwischen Ton und Geräusch hinfällig wird. Da wird genuschelt, gestöhnt, geschnauft, geblubbert, gekratzt, gewischt, geklopft.
In acht Tracks zwischen vier und siebeneinhalb Minuten entstehen kuriose dreidimensionale Klangräume, in denen die Musiker mit Weite und Enge, Nähe und Ferne, Spannung und Entspannung spielen. Das kann unverhofft intim und körperlich klingen und dann wieder kühl und hart. Zum eben mal Reinhören eignet sich diese CD nicht. Der Hörer braucht schon ein wenig Muße, um sich auf diese Schwingungen aller Art einzulassen. Nicht zuletzt erscheint das Kürzel UKO im Untertitel, es stammt aus der Kinosprache und steht für unknown object of sound – unbekanntes Klangobjekt, das nicht zu einer bestimmten Quelle zurückverfolgt werden kann.
Bei Ammann und Horn ist die Klangquelle selbst kein Geheimnis, die Klänge selbst sind allerdings durchaus geheimnisvoll.
Wobei nicht zuletzt auch die Abwesenheit von Klang eine Rolle spielt. Auf seiner Homepage zitiert Günter Horn Keith Richards: „Der Maler hat die Leinwand, der Schriftsteller das leere Papier. Der Musiker hat die Stille.“ Mathias Wiedemann Sept. 2015 Mainpost Schweinfurt

AMMANN // HORN INTIMATE VIBRA Instant Auditives 2.0 (Schräg Und Schön Musikproduktion, susMP 1502): Das Kürzel UKO lässt bei mir den Groschen fallen und mich an Michael Ammann und dessen "exorbitantes Maulwerk" erinnern, dem wieder Unbekannte Klang-Objekte entströmen, "phonetische Stein­schläge, schmatzende Eruptionen, zischende Wasserfälle, Vokalabgänge und Konsonantlawinen" (BA 82). Hier kehrt der Weidener wieder zusammen mit dem Schweinfurter Günter Horn, der außerordentliche Gitarrengeräusche beisteuert. Horn ist ein schon auf "Concerto Bavarese" vorgestellter Macher von properen Musiken und neutönenden Werken wie "dorthin und wieder zurück" - 5 Stücke für Gitarre solo nach Motiven von J.R.R. Tolkien, "4 Dütts für 2 Gitarren", "Collage" für Akkordeon und E-Gitarre oder "Konferenz der Fettläuse" für Klarinette, Akkordeon, Gitarre und E-Gitarre. Ausgerechnet "horchdarlingtheyplayourliedintheradio" für E-Gitarre, live elctronics und Zuspiel-CD lässt ahnen, zu welch krassen Griffen und -kniffen Horn sich hinreißen lässt (oder genötigt sieht), um Ammanns Phonetics angemessen zu bekrabbeln und zu beglitchen, die, indem sie sich über Minton, Patton und Ratkje hinaus würgen und saubaggern, den Exzessen von Rudolf Eb.er und Martin Lau nicht nachstehen. Achtmal zerren und feilen die beiden an Saiten und Stimmbändern, an Zungenbein, Steg und Hirn. Horn haut und glissandiert, kratzt, knarzt und schabt, manisch wie ein Bombenentschärfer, dem der Kragen platzt, bis man ganz vergisst, dass er da eine Gitarre traktiert. So wie auch Ammanns Artikulationen und Kaumuskelspiele prasselbrodelnd, schnurrend, zischberstend, gollumwürgend und Entensaft schlürfend alles Logozentrische ins Animalisch-Ursuppige regredieren lassen. Ich konstatiere wieder Bizarrerie en masse und en detail, an der die Vorstellungskraft reichlich zu kauen hat. [BA 89 rbd]

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CLINIC amorph fictions

Die avantgardistischen Intallationen aus komprimierten Textwerken und Worte verstärkenden Klängen hat mich sofort begeistert. Auch hier sei einmal mehr gesagt, daß dies für Leute, die Angst vor dem Außergewöhnlichen haben und lieber bekannte Kost bevorzugen, eine einschneidende Erfahrung sein wird. (Tom Manegold, Subclub)

Eine interessante Produktion, auch im visuellen Design klar und eigenwillig. (Hans-Ulrich Werner, WDR)

Die Sounds sind gut ausgewählt bzw. gestaltet. Ich denke, die Geräusche und Klänge erzeugen die geeigneten Assoziationen, das gewünschte Gefühl und die richtige Spannung. Man hört die Arbeit und das Fingerspitzengefühl bei der Produktion. Und alles ist sehr gut gesetzt bzw. gemischt. Die Atmosphäre ist gleichzeitig klar und dicht - und das ist sicher keine geringe Leistung.
Wem darf man dazu gratulieren?
Kennen Sie Derek Jarmans "Blue" (eine Art Hör-Film oder Film-Hören über die Zeit seiner AIDS-Erkrankung und beginnenden Erblindung)? Es gibt davon eine englische und eine deutsche Fassung. Das Werk ist wirklich beeindruckend - und ich denke, es ist keine Schande, wenn mich Ihr Projekt daran erinnert hat. Ihre Texte haben mich in Form und Zugriff vor allem an expressionistische gemahnt, an jene von Benn und Döblin beispielsweise.
(Dr. Max Ackermann, BR)

Eine ruhige, kühle Männerstimme spricht: "Es bleibt immer etwas übrig. Ich wachse - ich wachse mit dem, was sie nicht mehr brauchen. Mit dem, was sie als krank herausschneiden. Organ an Organ. In den Wänden, in nutzlosen Leitungen, alten Wasserrohren, reihen sich die Augen, eines an das andere. Die Pupillen bewegen sich hinter den Lidern. In den Wartesälen habe ich meine Mägen angelegt, Wände ausgekleidet mit Schleimhaut. Hinter den Wänden in den Hohlräumen, in der Isolierwatte bildet meine Leber ein dichtes Gewebe (...)". Der Vortrag wird getragen von kunstvollen elektronischen, unheimlichen Flächen und verzerrten, bizarren Geräuschen. Heijko Bauer (Texte & Stimme) und Michael Ammann (Musik) aus Erlangen präsentieren in diesem 15-minütigen Werkauszug für 64 Lautsprecher und Skalpelle ein "Krankenhaus, wie es neu aufgenommene Patienten erleben könnten, die zwischen Phasen von Wach-, Traum- und Dämmerzuständen gleiten und denen sich Bilder und Ereignisse aufdrängen, wie sie in einem
Medikamentendelirium produziert werden."
Text, Vortrag und Klang harmonieren in diesem außergewöhnlichen Hörstück miteinander und wissen zu überzeugen; man riecht förmlich die Mischung aus Desinfektionsspray und Urin, wenn man den sterilen und grotesken Stücken lauscht. "Amorph fictions" ist eine gut gelungene Prosavertonung und sollte vor allem live, wenn sich das Publikum mit Flugzeug-Schlafbrillen in das Zentrum des Raumes legt, ein nachhaltiges Erlebnis sein.
(www.moderne-klangkunst.de)

Clinic - Quadrophone Performance
Eines sollten H. Bauer und M. Ammann nicht tun: Ihr Hörstück "Clinic - amorph fictions in einem Krankenhaus aufführen. Es könnte den Patienten schlecht bekommen. Ebenso sollten unglücklich Verliebte, Trauernde und Nervöse die Soundcollage meiden. Sie erfordert innere Stabilität und Kraft.
Die avangardistischen Installation aus Text und Klang führt in Tiefen, in die man sich selten verliert, trifft mitten ins Unterbewußtsein. Die Welt der Klinik, die die beiden Künstler erschaffen, ist traumatös und hinter dichten Watteschichten verborgen. Man riecht, fühlt, schmeckt sie. Grün und schmutzig weiß ist sie, steril und voller Salmiak.
Man denkt eher an einen Film als an ein Hörspiel. Ammanns Arbeiten sind weniger Illustration als Kompositionen, auch wenn Melodie und Rhythmik im herkömmlichen Sinne fehlen. Ein Metrum ist sehr wohl vorhanden, ähnlich wie man es aus dem Free Jazz kennt. Manche Parts könnte auch eine Streicherensemble spielen. Zudem Klanglandschaften und akustische Raumsimulationen.
Die Wirkung ist bemerkenswert. Ist von der Entnahme eines Organs die Rede, hat man plötzlich Schmerzen, so dicht ist die Atmosphäre. In der "Vergessenen Station" friert man schauderhaft. Bei einem anderen Teil, der von einem "Grünen Salon" erzählt, in dem sich die Patienten wie in einer Art Paradiesgarten erholen können, spürt man das Gras unter den Füßen. Was geht hier vor?
Ein außergewöhliches, unglaublich sensibel erstelltes Projekt auf hohem Niveau, das es noch sehr weit bringen kann. (FN, 03.05.04)