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Fachdidaktische Implikationen Wie sollen Schülerinnen und Schüler mit diesem Schlagwort umgehen, das ihnen in vielen Zusammenhängen so undifferenziert präsentiert wird? Wie sollen sie einen eigenen Standpunkt gewinnen? Es scheint wichtig, den Begriff "Globalisierung" selbst zum Lerngegenstand zu machen, dies allerdings so präzise und perspektivisch wie möglich. Die Schüler sollen nicht nur für den Umgang mit dem Begriff sensibilisiert werden, sondern auch erkennen, wie scheinbar unwiderstehlich wirkende Schlagworte hinterfragt werden können und müssen. Dabei wird ein wichtiger Teilaspekt die Frage nach den Gewinnern und Verlierern der Globalisierungsprozesse sein. Die Werkstatt Ökonomie schreibt dazu: Wichtig aber ist, "dass 'Globalisierung' (was das im einzelnen auch immer sein mag) kein Naturereignis ist, dem Gesellschaften hilflos ausgesetzt wären: 'Globalisierung' wird gemacht, und damit ist 'Globalisierung' auch (in Grenzen) steuerbar. Daher ist es höchste Zeit, der (Selbst-)Entmachtung der Politik im Zeichen des Fetisch 'Globalisierung' eine neue Ermächtigung demokratischer Politik zur Regulierung der Wirtschaft entgegenzusetzen. 'Globalisierung' verlangt politische Offensiven." http://www.woek.de/globalisierung.htm Wesentlich ist somit Thematisierung der Begriffs der Globalisierung und seiner Erscheinungsformen, sowohl bei uns in den westlichen Indstriestaaten als auch in den industriellen Schwellenländern, den vorwiegend arabischen Ölstaaten und den den vielen Ländern der Dritten Welt. Die Globalisierungsphänomene sind nicht nur aus Sicht der Betroffenen und gemäß ihrer Interessenslage zu hinterfragen, sondern auch in ihrer Relevanz und in ihren Wechselwirkungen zu strukturieren. Zentraler Ansatzpunkt muss dabei die gelebte Lebenswirklichkeit der Jugendlichen sein. Dieses didaktische Verständnis unterscheidet sich damit grundsätzlich von dem Ansatz des "Globales Lernens" bzw. "global education", wie es insbesondere vom Hamburger Bildungsserver als Weiterentwicklung des Dritte-Welt-Unterrichts und der Eine-Welt-Pädagogik und damit als entwicklungsbezogene bzw. entwicklungspolitische Bildung formuliert und gefordert wird. Eine Thematisierung und Betonung der neuen "Vorteile des reichen Nordens gegenüber dem Rest der Welt" ist zwar richtig und wichtig, kann aber nur ein Teilbereich einer Auseinandersetzung mit dem Begriff Globalisierung sein. (http://www.globlern21.de/Globalisierung.html#Begriffliche) (1) Das Verständnis einer globalisierten Welt kann - abgesehen von einer Betroffenheit über die Verarmung und Verelendung eines Teils der Weltbevölkerung und eines Ungerechtigskeitsempfinden bezüglich der Welthandelsstrukturen - wirksam und nachhaltig handlungsorientiert nur aus der Auseinandersetzung mit den Auswirkungen eienr globalisierten Wirtschaft in der unmittelbaren Lebenswelt der Schüler/innen entwickelt werden. Wie äußert sich also Globalisierung im Leben der Jugendlichen? Im Gleichaltrigenmilieu? Im Leben ihrer Eltern? Im Ort und in der Region? Bezüglich Lehrstellen und Arbeitsplätzen? Bezüglich Kultur, Medien- und Konsumwelt? Welche Interessen verfolgt der Jugendliche selbst: als Schüler, Verbraucher, zukünftiger Auszubildender, Steuerzahler, Familienvater, Konsument und Tourist? Globalisiertes Lernen muss also die Schüler in diese Lebensrollen hineinstellen und sie mit deren Handlungszwängen konfrontieren. Dazu scheint insbesondere die Simulation von Dilemmasituationen geeignet, da sie die Schüler/innen zur Entwicklung eigener Positionen und Werturteile zwingen. Wenn man den internationalen Standwortwettbewerb und neoliberale Wirtschaftspolitiken als Kern der vielfältigen Globalisierungsphänomene ansieht, sind diese vorrangig auch in den Unterricht einzubringen. Globales Lernen muss aus wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Perspektive daher in erster Linie die realen Handlungszwänge und Interessenpositionen beteiligter gesellschaftlicher, politischer und ökonomischer Akteure und Institutionen herausarbeiten und die Schüler damit konfrontieren, zunächst im Inland und dann im Ausland. Nur so können Stukturen weltweiter ökonomischer, politischer und kultureller Prozesse in das ein Alltagsverständnis von Jugendlichen transferiert werden, das über das reine Begreifen auch die Dimension des individuellen und kollektiven Handels erlaubt. Dies schließt letztlich die oben angesprochene "Eine-Welt-Pädagogik" mit ein, stellt sie aber in einen größeren und realitätsnäheren Kontext. Es ermöglicht auch
Lösungsansätze,
die über moralische Appelle und individuelle Selbstverpflichtungen
hinausgehen, da sie an ökonomischen Realtitäten ansetzen.
Dies
erscheint infolge der notwendigen Analyseschritte zwar zunächst
schwieriger,
ist letztlich aber wohl wirksamer, erfolgreicher und politischer.
(1) Vgl. in diesem Sinne auch http://www.venro.org/fr_global.html oder http://www.e-lisa.at/linkexpress/archiv/2002/020214.asp oder http://www.venro.org/fr_global.html! Links: http://www.sowi-onlinejournal.de/2002-1/sachanalyse_jung_juchler.htm
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