Hungerrevolten wegen Biosprit?
Didaktisch-methodische Handreichungen für Lehrkräfte und Musterlösung
   


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...Arbeitsanweisungen für Schüler 

Grundkonzept der Unterrichtseinheit

Die Unterrichtseinheit will ein höchst aktuelles und kontroverses Thema aufgreifen und grundlegend, umfassend und handlungsorientiert sowie unter Verwendung zeitgemäßer Medien bearbeiten.

Dem Schüler sollen keine vorgefertigten Meinungen und Lösungen dargeboten werden, er soll sich die Inhalte und Wertungen selbst erarbeiten und anschließend vertreten und präsentieren.

Im Zuge der Internetrecherchen sollen auch die Netzinhalte selbst kritisch hinterfragt und bewertet werden.

Die starke Betonung der Medien (Internet, Fernsehen, Video) soll die Schüler davon ablenken, dass sie sich bei dieser Unterrichtseinheit letztlich politisch betätigen (eine Meinung bilden; Meinungsführer, Nachrichtensprecher, Kommentator sein usw.), was sie in der heutigen Zeit nur sehr ungern tun.

Selbstverständlich ist es sinnvoll und wünschenswert, auch andere Medien (Zeitung, Schulbuch usw.) heranzuziehen.

Die Fragen, inwieweit Nahrungsmittelknappheit in den Entwicklungsländern durch Umweltschutzmaßnahmen in den westlichen Industriestaaten ausgelöst werden und ob Biokraftstoffe überhaupt eine sinnvolle Umweltschutzlösung ist, gefährdet nicht nur die ökologischen Vorhaben und Ziele in Deutschland und der EU, sie könnte sogar ein vorschnelles Ende der aktuellen Hinwendung der Politik und des öffentlichen Interesses zu ökologischen Themen nach sich ziehen.

Die aktuelle Brisanz des Themas soll die Schüler dazu bewegen, sich mit der vorgegebenen Fragestellung umfassend und systematisch auseinander zu setzen und zu eigenen politischen Positionen zu kommen.

Dabei geht es nicht primär um eine emotionale Betroffenheit (die armen Menschen in der Dritten Welt...), sondern um das Erkennen und Hinterfragen von ökonomischen Strukturen und Interessenspositionen, letztlich auch der eigenen.

Allerdings soll die Unterrichtseinheit nicht zu beliebigen Meinungen, sondern zu begründbaren, beweisbaren und nachvollziehbaren Aussagen und Einschätzungen führen.

Um den wirtschaftlichen Kern der Globalisierung zu verdeutlichen, wurden die Recherchen stark auf ökonomische Fragen und volkswirtschaftliche Theorien ausgerichtet.

Das Arbeitsblatt in Lernszenario 1 und die Aufgabenstellungen in den Lernszenarien 2 und 3 sollen den Lernweg der Schüler steuern und strukturieren.

Die Unterrichtseinheit umfasst drei Lernrunden.

Hinweis zu Lernrunde A : Die Frage 17 setzt ein anspruchsvolles Vorwissen (Angebots- / Nachfragesteuerung) bzw. eine dem entsprechende Aufnahme- und Abstraktionsfähigkeit der Klasse bei der Recherche voraus. Sie fordert auch zu normativen Stellungnahmen heraus (Sozialdarwinismus oder Solidarität mit wirtschaftlich Schwachen?), die durchaus problematisch ausfallen können und dann vom Lehrer unbedingt nochmals hinterfragt und relativiert werden müssen. Auch die Frage 18 erfordert eine Abstraktionsfähigkeit auf hohem Niveau.

 

Einführung / Impulssequenz

Als Einstieg in die Themenstellung würde sich sehr gut eine Videosequenz des ZDF eignen, die jederzeit via Internet aufgerufen und abgespielt werden kann: "Biosprit und höhere Lebensmittelpreise".

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/473772?inPopup=true

(http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/27/0,3672,7225243,00.html)

Das Video ist relativ problemlos abspielbar, wenn eine neuere Version des  Mediaplayers von Windows installiert ist. Natürlich sind für diesen Einstieg Rechner, Internet und Beamer erforderlich.

Alternativ hierzu wären aber auch Zeitungsschlagzeilen bzw. -artikel als Impuls gut geeignet (z.B. Tageszeitungen vom 14.04.2008).

 

Lernrunden

Die drei Lernrunden sind weitgehend selbsterklärend.

 

Vertiefung / Film-Tipp

Der 45-minütige ZDF-Film "Hunger und Wut - Warum die Ernährungskrise kein Zufall ist" veranschaulicht und erklärt die Problemstellung auf sehr beeindruckende Weise. Wer gesehen hat, wie die ach so billigen Supermarktrosen bei Aldi, Lidl, Edeka und Co. in Bolivien hergestellt werden, wird dies nie mehr vergessen.

 

Musterlösungen

Die Schüler können zu beliebigen Lösungen kommen. Diese müssen jedoch begründet sein. "Musterlösungen" im eigentlichen Sinne gibt es daher nicht.

Die folgenden Hinterweise sind weniger als Musterlösungen, denn als Hinweise und Vorinformationen für Lehrkräfte gedacht.

Selbstverständlich ist es zu empfehlen, die Links im Arbeitsblatt vor der Stunde noch einmal auf Aktualität zu überprüfen und ggf. Alternativen zu benennen.

Zu Lernrunde A

Fragen:

1) Was versteht man unter einer "Revolte"?

Aufstand einer kleineren Gruppe von Personen mit lokaler Begrenzung, typische Beispiele sind Sklaven-, Bauern-, Armen- oder Arbeiteraufstände

2) Was versteht man unter "Biosprit" bzw. "Biokraftstoff"?

Kraftstoffe aus Biomasse, z. B. Getreide

3) Welche gute Idee führte nicht nur in der EU zu dem Vorhaben, Biokraftstoffe anstelle von normalem Benzin und Diesel für PKW und LKW zu verwenden?

nachwachsende Rohstoffe sind gut für die Luft und sparen Mineralöl

4) Wie haben sich in den letzten Jahren die Lebensmittelpreise in Deutschland und in den Ländern der Dritten Welt verändert - und welche Auswirkungen hatte dies?

enormer Anstieg der Preise und damit auch der Nahrungsmittel-Importe (soweit dies durch den schwachen US-Dollar nicht ausgeglichen wurde)

Während die Preisanstiege bei uns zwar ebenfalls merklich sind und zu Unzufriedenheit, Einschränkungen, steigender Inflationsrate, erhöhten Lohnforderungen usw. führten, sind die Auswirkungen in der Dritten Welt natürlich weitaus dramatischer (Menschen können sich Lebensmittel nicht mehr leisten, Hunger, Unterernährung, Aufstände) 

4) Welche Gründe haben in den letzten Monaten und Jahren zu einem Anstieg der Lebensmittelpreise geführt?

Die Gründe sind unterschiedlich:

- schlechte Ernten, u. a. in Australien

- verstärkte Nachfrage nach Fleisch und Milch, vorm allem aus Asien

- Preiserhöhungen im Groß- und Einzelhandel durch Marktmacht der Verkäufer

- Spekulationsgeschäfte an den Warenterminmärkten (Spekulanten kaufen Rohstoffe auf Termin und hoffen, sie in einigen Monaten zu einem noch höheren Preis veräußern zu können)

- Einstieg vieler Investmentfonds in Rohstoff- und Seefrachtmärkte

- und eben auch die verstärke Nachfrage nach Biomasse durch die staatliche Förderungen von Biokraftstoffen.

Nach Aussage des ZDF-Films "Hunger und Wut - Warum die Ernährungskrise kein Zufall ist" ist die augenblickliche Situation eine Folge jahrzehntelanger Fehlentwicklungen (vgl. auch 11c) und nur eine neue Phase im "Weltpoker um Wohlstand und Macht", der durch eine fortwährende Reduzierung der Anbauflächen und eine Verknappung des Lebensmittelangebotes gekennzeichnet ist. 

5) Wieso führt eine steigende Nachfrage auf Gütermärkten zu Preiserhöhungen?

Wenn sich auf einem Markt die Nachfrage erhöht (= Parallelverschiebung der Nachfragekurve nach rechts), verschieben sich Gleichgewichtspreis (i. d. R. nach oben) und -menge (i. d. R. nach unten) .

http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Gleichgewichtspreis_nachfrage_gif_1.png

6) Wie können die Nachfrager a) in den westlichen Industriestaaten b) in den Entwicklungsstaaten auf diese Preiserhöhungen reagieren

vgl. 3)

7) Könnte man die Preise für Lebensmittel nicht einfach staatlich festsetzen?

nein, da die Anbieter zu diesen (Fest- oder Höchst-)Preisen ihre Waren nicht verkaufen würden; der Verkauf würde im Ausland oder auf dem Schwarzmarkt zu weit höheren Preisen erfolgen

8) Ist es richtig, Nahrungsmittel als Treibstoff für Autos zu verwenden? Wie ist Ihre persönliche Meinung hierzu?

persönliche Meinung

9) Unter den folgenden Links finden Sie Meinungsäußerungen im Internet.

a) Recherchieren Sie, aa) wer die Seiten ins WWW gestellt hat, ab) welche anderen Informationen der Anbieter im Netz hat, ac) auf welche anderen Anbieter im Netz er Links gesetzt hat und ad) welche anderen Netzanbieter Links auf diese beiden Seiten gesetzt haben

b) Wie beurteilen Sie die Glaubwürdigkeit der Informationen der jeweiligen Anbieter? Finden Sie ihre Argumente richtig und überzeugend?

http://fontyfan.blogspot.com/2008/04/treibt-biosprit-die-welt-in-den-hunger.html

Blog, Betonung auf Spekulationen, Verfasser: Fontanefan (Kunstwort), Privater Anbieter mit zahlreichen Interneteinträgen, aber auch politisch interessiert, auch umfassende Linkseiten zu Uni und Schule (http://www.fontanefan.de/Fontanefan/); recht vernünftige Positionen, keine Links auf diese Seite

http://altkatholisch.wordpress.com/2008/03/13/biosprit-hunger-der-armen-vs-auto-mobilitat-der-reichen-andacht-zu-markus-1426-31/

Blog für die Alt-Katholische Filialgemeinde in Erfurt, moralische Argumentation,  keine Links auf diese Seite

http://www.deutschland-debatte.de/2008/03/26/biodiesel/

Politisches Forum, Private Meinung, etwas marktschreierisch, Verfasser unbekannt, einige anonyme Erwiderungen

http://www.projektstarwars.de/forum/sonstiges/46659-hunger-wegen-biosprit.html

Forum Star Wars, mehrere anonyme Verfasser, Inhalte sind aber ganz vernünftig

http://www.ksta.de/html/artikel/1174027257297.shtml

Beitrag Kölner Stadtanzeiger / Zeitung, Beitrag von RUTH GIDLEY, Schwerpunkt Mexiko

http://www.tagesschau.de/inland/lebensmittelpreise20.html

Kommentar in der Tagesschau zur Explosion der Lebensmittelpreise von Werner Eckert, SWR
 

10) Viele Umweltorganisationen mahnen inzwischen, dass Biokraftstoffe unsere Umweltprobleme nicht verbessern, sondern verschlimmern. Ist Biosprit überhaupt sinnvoll? Wie ist Ihre Meinung hierzu?

Persönliche Meinung (der Einsatz von Biosprit hat, wenn er nicht kleinbäuerlich bei uns selbst produziert werden kann, die Rodung von Regenwäldern in riesigem Ausmaß, den Einsatz von großen Mengen von chemischen Düngern und Pflanzenschutz sowie große CO2-Emissionen als Folge; damit trägt er zum Treibhauseffekt bzw. zur Erwärmung bei und hat damit schwerwiegende ökologische Folgen für die Erde)

11) Ein Wissenschaftlicher hat es schon frühzeitig geahnt: Thomas Robert Malthus. Er prophezeite schon 1796, dass sich die Menschheit auf Dauer nicht ausreichend ernähren könne.

a) Wer war Malthus?

Thomas Malthus geboren in Surrey, einer Grafschaft südlich von London, britischer Nationalökonom und Sozialphilosoph, war ab 1797 anglikanischer Pfarrer und ab 1806 Professor für Geschichte und politische Ökonomie.

b) Was behauptete er?

Malthus geht davon aus, dass das Bevölkerungswachstum exponentiell steigt, die Nahrungsmittelproduktion aber nur linear.

c) Können die Überlegungen von Malthus die heutige Nahrungsmittelknappheit in den Entwicklungsländern erklären?

Nein, derzeit geht es (noch) nicht darum, dass nicht genügend Lebensmittel erzeugt werden können, sondern dass sich viele Menschen diese Lebensmittel nicht mehr kaufen können. Es ist kein Mengenproblem, sondern ein markwirtschaftliches Verteilungsproblem.

Dies könnte allerdings in Zukunft anders werden, wenn die Entwicklung so weiter geht:

  • Asiens steigende Konsumwünsche, vor allem auch nach Fleisch
  • zunehmender Einsatz ressourcenverschlingender Biokraftstoffe
  • gierige Rohstoffspekulanten, die die Lebensmittelpreise künstlich weiter nach oben treiben
  • unsinnige staatliche Subventionen in den Industriestaaten (vorm allem in der EU), die die durch Billigexporte in die Dritten Welt die dortige kleinbäuerliche Landwirtschaft  zerstören
  • die immer aggressivere Einkaufspolitik internationaler Supermarktketten, die die Preise und Löhne in der Dritten Welt noch weiter nach unten drückt
  • die Schnäppchenmentalität der Verbraucher in den Industriestaaten, die die menschenunwürdigen Produktionsbedingungen in der Dritten Welt und deren die Umwelt zerstörende Auswirkungen einfach ignoriert
  • die fortwährende Reduzierung von Anbauflächen und der Ressource Wasser im Zuge der Erderwärmung
  • das ungebremste Wachstum der Weltbevölkerung, gerade auch in den ärmsten Ländern.
    (vgl. u. a. ZDF-Film "Hunger und Wut - Warum die Ernährungskrise kein Zufall ist")  

12) Was hat unser Wirtschaftssystem (Markwirtschaft) mit Unternährung zu tun?

In marktwirtschaftlichen Systemen erhalten nur die Menschen ihre Bedürfnisse erfüllt, deren Wünsche auch mit der erforderlichen Kaufkraft ausgestattet sind - alle anderen gehen leer aus. Das ist vom System her so beabsichtigt.

Nachfrager ohne hinreichende Kaufkraft scheiden ebenso aus dem Markt aus wie Unternehmer, die nicht zu den aktuellen Marktpreisen anbieten können.

13) Große Teile der Weltbevölkerung sind unterernährt - warum ist dies so?

Nur selten sind Hunger und Hungersnöte dabei allein auf ein Naturereignis zurückzuführen. Zunehmend sind sie die Folge politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Fehlverhaltens. Seit 1992 hat sich die Zahl von Krisen, die durch Kriege und ökonomische Misswirtschaft verursacht wurden, mehr als verdoppelt und liegt heute bei etwa 35 Prozent. Dazu kommt eine erhebliche Veruntreuung von Hilfsgeldern. In vielen Fällen bedingen und verstärken sich natürliche Faktoren und menschliches Versagen gegenseitig. Häufig entstehen dann komplexe Krisen, die in der Regel schwerwiegender sind und länger anhalten als andere.
Zahlreiche weitere Ursachen:
http://www.welthungerhilfe.de/fileadmin/media/pdf/onlineshop/hunger.pdf (S. 14 f.)

14) Was sind die Folgen von dauerhafter Unterernährung und Hunger?

Krankheiten, Tod, unzureichende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, mangelnde Schulbildung usw.

15) Wie könnte man dauerhaft und langfristig verhindern, dass große Teile der Menschheit unter Unterernährung und Hunger leiden - und warum geschieht dies nicht?

Nötig sind strukturelle Veränderungen (geringeres Bevölkerungswachstum, sinnvolle ökonomische Systeme, keine Korruption oder Veruntreuung von Hilfsgeldern, keine selbstsüchtigen politischen Machteliten, Aufbau einer Infrastruktur, Bildung für alle, ein funktionierendes Gesundheitssystem, Unterstützung und Kredite für Kleinstunternehmen, Nachbarschaftshilfen usw.) - Nahrungsspenden, anlassbezogene Hilfsgelder und kurzfristige Entwicklungshilfen sind i. d. R. völlig wirkungslos.

16) Viele Journalisten führen die gestiegenen Preise für Lebensmittel und Rohstoffe auch auf Spekulationen zurück. Erklären Sie diesen für viele Menschen unverständlichen Zusammenhang.

Die meisten Landwirte verkaufen ihre Produkte (z. B. Getreide) nicht an den Endverbraucher, sondern an Groß- und Zwischenhändler. Und dies vielfach Monate bevor die Erzeugnisse geerntet und geliefert werden.

Die Zwischenhändler wiederum können diese noch nicht vorhandenen Waren jederzeit an andere Abnehmer (andere Händler oder z. B. große Industrieunternehmen oder Verbraucherketten) weiter veräußern, auch vor dem Erntezeitpunkt.

Muss man nun z. B. damit rechnen, dass die Ernten schlecht ausfallen werden, steigen die Preise für Getreide, da niemand bereit ist, das wenige Getreide zum bisherigen Preis zu verkaufen, die Nachfrage aber mindestens gleich bleibt.

Ein Händler, der das Recht auf eine Getreidelieferung in drei oder neun Monaten erworben hat, könnte nun dieses Anrecht, man spricht hier von Warentermingeschäften, mit erheblichem Gewinn weiterverkaufen, wenn er selbst die Ware nicht benötigt.

Die bei diesem Terminhandel erzielbaren erheblichen Gewinnspannen sind ein Anreiz für Spekulanten und neuerdings auch viele Investmentfonds, solche Rechte einfach auf Verdacht zu erwerben, in der Hoffnung, dadurch dann im günstigsten Fall (d. h. bei steigenden Preisen bzw. Kursen) riesige Gewinne zu vereinnahmen. Diese Spekulanten wollen überhaupt kein Getreide, sie wollen nur durch den Weiterverkauf des Lieferungsrechts auf Getreide Gewinn erzielen, so wie man auch mit dem Kauf und Verkauf von Aktien Gewinne erzielen kann.

Dieser Warenterminhandel findet vor allem an Börsen statt (Warenbörsen bzw. Wartenterminbörsen), an den sich Käufer und Verkäufer von Rohstoffen treffen. Auch in Deutschland gibt es Kaffeebörsen, Teebörsen, Strombörsen, Metallbörsen, Eierbörsen u. a. Die größten Getreide- und Mineralölbörsen befinden sich jedoch im Ausland.

17) Manche Vertreter einer möglichst "reinen Marktwirtschaft" (sog. "Neoliberale", wie z. B. Hayek, die eine ausschließlich angebotsorientierte Wirtschaftspolitik vertreten), deren Ideen derzeit maßgeblich die Wirtschaftspolitik vieler Staaten und damit auch die derzeitige Entwicklung der Globalisierung beeinflussen, vertreten eine Art "Sozialdarwinismus", demzufolge sich die wirtschaftlich starken Unternehmen und Staaten gegen wirtschaftlich schwache Unternehmen und Staaten durchsetzen sollen. Davon würden letztlich alle Menschen profitieren. Staatliche bzw. politische Eingriffe in dieses wirtschaftlichen Ausleseprozess wären nur schädlich. 

a) Wer war Friedrich August von Hayek?

Friedrich August von Hayek, österreichischer Volkswirtschaftler, 1899 - 1992, einer der wichtigsten Vordenker des Liberalismus bzw. Neoliberalismus im 20. Jahrhundert, 1974 Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet.

b) Beschreiben Sie die Grundannahme der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik mit einem Satz.

Unternehmen investieren nur dann (und schaffen damit Beschäftigung und Wohlstand für alle...), wenn sie hinreichend hohe Gewinne erzielen können. Der Staat muss demnach alles tun, damit dies möglich ist und Unternehmen möglichst geringe Auflagen und Kosten haben. (das ist natürlich nur eine absolute, stark reduzierende Kurzfassung!)

c) Beschreiben Sie die Grundannahme des Wirtschaftsliberalismus mit einem Satz.

Es ist zum Besten aller Menschen, wenn man alle wirtschaftlichen Entscheidungen Angebot und Nachfrage und damit dem Markt überlässt. Jeder staatliche Eingriff in die Märkte ist schädlich. 

d) Was halten Sie von Hayeks These, dass wirtschaftliche stärkere Länder sich mit Recht gegen wirtschaftliche Länder durchsetzen, dass staatliche Eingriffe in diese Gesetzmäßigkeit schädlich sind und dass diese Auswahl der Besten durch Angebot und Nachfrage auf dem Weltmarkt sowohl für die reichen wie auch die armen Länder von Vorteil ist?

begründete Schülermeinungen (die ggf. durch die Lehrkraft hinterfragt und relativiert werden müssen...)

e) Was versteht man unter Sozialdarwinismus - und was halten Sie davon?

Der Sozialdarwinismus geht davon aus, dass menschliche Gesellschaften ebenso wie biologische Arten einem Entwicklungs- und Ausleseprozess unterliegen, in dem sich die Stärksten und Besten durchsetzen.

begründete Schülermeinungen (die ggf. durch die Lehrkraft hinterfragt und relativiert werden müssen...)

18) Übertragen wir das Grundproblem der Güterproduktion und - verteilung auf den Bereich Gesundheit.

Prinzipiell kann der Staat den Zugang Ärzten, Arzneien und Krankenpflege auf drei Arten regeln:

  • derjenige erhält eine Behandlung, der den Preis bezahlen kann, der sich durch Angebot und Nachfrage am Markt herausbildet; die anderen erhalten keine Behandlung (sog. "erwerbswirtschaftliches Prinzip")
  • alle, die einer Behandlung bedürfen, werden behandelt; die Kosten hierfür übernimmt die Gemeinschaft, also der Staat (sog. "gemeinwirtschaftliches Prinzip")
  • alle, die später einmal eine Behandlung wünschen, treten einer Vereinigung bei und zahlen fortwährend in einen gemeinsamen "Topf" ein; wird ein Mitglied dieser "Genossenschaft" später krank, werden die Behandlungskosten aus diesem Finanztopf bestritten (sog. "genossenschaftliches Prinzip")

    prinzipiell ist es auch möglich, dass ein Staat dieses Genossenschafts- bzw. Versicherungsprinzip für alle Menschen oder bestimmte Bevölkerungsgruppen zwingend vorschreibt; so ist es z. B. in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben, dass jeder Arbeitnehmer der gesetzlichen Rentenversicherung beitreten muss; man spricht hier von "Sozialversicherungsprinzip", es ist eine Unterform des genossenschaftlichen Prinzips

Welche Variante der Güterproduktion und - verteilung finden Sie nun richtig und am Besten - und warum? Denken Sie an z. B. Güter und Dienstleistungen wie Trinkwasser, Strom, Lebensmittel, Müllabfuhr, Bildung, Krankenbehandlung, Altenpflege, Urlaub oder Telefonieren. Denken Sie auch an die Vor- und Nachteile dieser Zuteilungsarten für Güter und Dienstleistungen.

begründete Schülermeinungen (die ggf. durch die Lehrkraft hinterfragt und relativiert werden müssen...)

 

Zu Lernrunde B

Hier kommt es vor allem darauf an, dass die Nachrichtensprecher die Nachrichten möglichst verständlich zusammenfassen und vortragen.

Sinnvoll könnte sein, dass ein Zuhörer die Nachricht wiederholen muss.

Neben einer Diskussion darüber, welche Aussagen verständlich waren und welche nicht, wäre auch eine optische Bewertung (Pinwand, Zielscheibe, Beurteilungskreuz u. a.) sinnvoll.

 

Zu Lernrunde C

Hier kommt es vor allem darauf an, dass die Kommentatoren ihre Meinung verständlich und begründet vortragen.

Es geht darum, dass der Vortragende Position bezieht - und dass diese für einen Dritten verständlich, nachvollziehbar und möglichst überzeugend ist.

Bloße Behauptungen müssen zu negativen Bewertungen führen.

Auch hier könnte sinnvoll sein, dass ein Zuhörer die Argumente noch einmal wiederholen muss.

Neben einer Diskussion darüber, welcher Kommentar überzeugend war, sollte die  Bewertung auch öffentlich gemacht (als Feedback!) und visualisiert werden (Zielscheibe, Beurteilungskreuz etc.).

 

Als weitere Vertiefungen des Themas wären hier methodisch geeignet

  • Talkshow über eine kontroverse These
  • Befragung der Mitschüler / Fragebogen
  • Expertenbefragung / Interviews
  • Aufsatz
  • Rede im Deutschen Bundestag
  • Aufklärungsschreiben / Flugblatt für Mitschüler oder Eltern 
  • Plakat für eine Demo
  • Kanzlerrunde usw.

So könnte aus einer aktuellen Unterrichtseinheit auch ein Klassen- oder Schulprojekt entstehen.

Und noch eine Transfer-Idee: ein Unterrichtsprojekt mit der Themenstellung "Geiz ist geil - oder doch nicht?" und der Thematisierung der Handelsstrukturen in Deutschland und des eigenen Verbraucherverhaltens.

 

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