Schreckgespenst
Globalisierung - Ursachen, Erscheinungsformen,
Gestaltungsmöglichkeiten
Informationen
und didaktisch-methodische
Hilfestellungen zum Unterricht
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Wirtschaftspolitische
Gestaltungsmöglichkeiten der Globalisierung
Eine wirtschaftspolitische
Gestaltung der
Globalisierung ist primär auf internationaler, sekundär auf
nationaler
Ebene möglich.
International
Eine Neugestaltung des
Welthandels ist
prinzipiell auf drei Arten denkbar:
-
Eine übermächtige
Wirtschaftsnation
oder -region zwingt alle anderen zur Übernahme bestimmter
Regelungen.
Hierfür kommen derzeit nur die USA und in eingeschränktem
Maße
die EU in Frage. Anstelle früherer Vorgehensweisen (Kolonialismus,
Imperialismus, Kanonenbootpolitik etc.) könnte dies beinhalten,
dass
wirtschaftlich starke Großmächte oder Regionen von allen
Handelspartnern
die Einhaltung ganz bestimmter Regeln verlangen.
-
Alle Nationen einigen sich
freiwillig auf
andere Wettbewerbsregeln. Dies würde eine Novellierung und
Erweiterung
der bisherigen Weltabkommen GATT, GATS und TRIPS bedeuten.
Eine solche Vereinbarung zur
gemeinsamen
Nutzenminimierung ist nach Pareto nur dann denkbar, wenn alle
beteiligten
Länder von der Neuregelung Vorteile haben.
- Vom Welthandel
begünstigte Nationen zahlen
weniger begünstigten Nationen einen finanziellen Ausgleich oder
gewähren
andere Vorteile. Derartige Denkansätze gibt es derzeit im Bereich
der Umweltschutzabkommen: Westliche Industriestaaten zahlen einzelnen
Staaten
der Dritten Welt zweckgebundene Zuschüsse für die schonende
Nutzung
oder Aufforstung des Regenwaldes.
-> Weitere Überlegungen
vgl. unter
"Politik"!
-> Ausführungen zur
Tobin-Steuer
auf der Startseite Ökonomie unter "Geld"!
Regional
Die Überlegungen zum
nationalen Protektionismus
gelten natürlich auch für den bilateralen und regionalen
Protektionismus.
Während bilateraler
Protekionismus
i.d.R. nur auf die Abhaltung anderer Wettbewerber gerichtet ist, kann
die
Schaffung regionaler Wirtschaftsräume (z.B. EU) auch eine weit
darüber
hinaus gehende politische und normsetzende Funktion haben.
-> Vgl. unter "Politik"!
National
Denkbar sind protektionistische
Maßnahmen
zum Schutz der eigenen Volkswirtschaft, aber auch wirtschaftspolitische
und andere Maßnahmen, um Wettbewerbsfähigkeit der eigenen
Volkswirtschaft
zu stärken. Beide Ansätze sind auch miteinander kombinierbar.
Außenhandelspolitik
Als klassische handelspolitische
Instrumente
zur Abschottung der eigenen Wirtschaft wären denkbar:
-
Abschöpfungen
-
Anti-Dumping-Zölle
-
Subventionen
-
Verbrauchsteuern
-
Zöllen
(Preisregulation)
-
Exportverbote
-
Importverbote
-
Kontingente
-
Öffentliche
Aufträge
-
Selbstbeschränkungsabkommen
(Mengenregulation)
-
Devisenbestimmungen
-
technische Normen
-
Verwaltungsverfahren
(Preis- und Mengenregulation, auch
"nicht
tarifäre" Handelshemmnisse genannt)
(Vgl. Hardes u.a.,
Volkswirtschaftslehre -
problemorientiert, Tübingen 1995, S.577)
Dazu kämen noch
geldpolitische Maßnahmen
(Festlegung von festen oder variablen Wechselkursen).
Diese Maßnahmen sind aber
nur darauf
gerichtet, die Wirtschaft des eigenen Landes gegenüber
ausländischer
Konkurrenz zu schützen oder zu zu fördern. Sie decken nur ein
kleines Spektrum der wirtschaftspolitischen Maßnahmen eines
Staates
ab.
Wirtschaftspolitik im engeren
Sinne
Eine Wirtschaftspolitik, die
über
eine reine Außenhandelspolitik hinausgeht, umfasst zahlreiche
Dimensionen
staatlichen Handels, die zudem eng miteinander verknüpft und
verzahnt
sind:
Dimensionen der
Wirtschaftspolitik
Bereiche der
Wirtschaftspolitik |
Maßnahmeninhalte |
Ordnungspolitik |
Ausgestaltung der
Wirtschaftsordnung (z.B.
Gewerbefreiheit) |
Wettbewerbspolitik |
Aufrechterhaltung der
Wettbewerbsregeln
oder Förderung des Wettwerbs (Kartellgesetz, Gesetz gegen den
unlauteren
Wettbewerb) |
Konjunkturpolitik |
Konjunkturförderung
oder -dämpfung
durch nachfrageorientierte oder angebotsorientierte Maßnahmen |
Wachstumspolitik |
Förderung des
Wirtschaftswachstums
(Staatsaufträge an die Bauindustrie) |
Strukturpolitik |
Förderung von
Strukturveränderungen
(Dienstleistungsgewebe statt Industrie, Atomkraft statt Kohle, |
Stabilitätspolitik |
Verringerung der
Konjunkturschwankungen
vorwiegend durch nachfrageorientierte Maßnahmen |
Steuerpolitik |
Erhöhen, Senken,
Einführen oder
Abschaffen verschiedener Steuerarten (z.B. Abschaffung der
Gewerbesteuer) |
Haushaltspolitik |
Planung, Kontrolle und
Refinanzierung
des Staatshaushaltes (z. B. Haushaltsdeckung durch Kreditaufnahme) |
Finanzpolitik |
Wirtschaftssteuerung durch
Staatseinnahmen
und Staatsausgaben (z.B. andere Verteilung der Steuereinnahmen auf
Bund,
Länder und Gemeinden) |
Beschäftigungspolitik |
Förderung der
Beschäftigung
durch staatliche Maßnahmen (z.B. Staatsaufträge) |
Arbeitsmarktpolitik |
Regulierung des
Arbeitsmarktes (z.B. Zulassung
privater Arbeitsvermittlungen) |
Einkommenspolitik,
Verteilungspolitik |
Gestaltung der
sekundären als Umgestaltung
der primären Einkommensverteilung (z.B. Förderung der
Eigentumsbildung
in Arbeitnehmerhand) |
Geldpolitik |
Ausgestaltung des
Geldwesens und der verantwortlichen
Institutionen (z.B. unabhängige Notenbank) |
Wirtschaftspolitische
Maßnahmen können
sich in einer Bandbreite zwischen mehr plan- und mehr
marktwirtschaftlichen
Steuerungsformen bewegen.
marktwirtschaftlich:
Abkehr
von festen Wechselkursen und Festlegung der Wechselkurse durch Handel
an
den Devisenbörsen
Unterformen:
Festlegung der Wechselkurse
durch Handel
an den Devisenbörsen, jedoch staatliche Internventionen am Markt
zur
Dämpfung der Kursausschläge
|
beliebig
viele Mischformen
(z.B. die Soziale
Marktwirtschaft in Deutschland,
die die grundlegende marktwirtschafliche Ordnung um staatliche
Eingriffe
zur Aufrechterhaltung von Marktmechanismen und zur sozialen
Abschicherung
kombiniert)
|
planwirtschaftlich:
Staatliches
Schulwesen
Unterformen:
Staatliches Schulwesen, aber
Zulassung
und staatliche Subventionen für Privatschulen
|
Wirtschaftspolitische
Maßnahmen können
in ihren Auswirkungen entweder mehr auf die Nachfrage- oder mehr auf
die
Angebotsseite des Marktes abzielen
Nachfragesteuerung
(z. B. Erhöhung des
Kindesgeldes zur
Steigerung des potentiell nachfragewirksamen Einkommens der privaten
Haushalte)
|
Mischformen
(Maßnahmen, die
sowohl auf der Angebots-
als auch auf der Nachfrageseite wirken, z. B. verbesserte Schulbildung)
|
Angebotssteuerung
(z. B. Einführung
eines unbezahlten
Karenztages in der Lohnfortzahlung zur Kostenentlastung der Arbeitgeber)
|
Klassische Maßnahmen der
beiden Steuerungsvarianten
zur Konjunkturförderung sind:
Nachfragesteuerung
-
Senkungen bei Lohn- und
Einkommensteuer
-
Erhöhen der
Sozialleistungen
-
Staatsaufträge
-
Erhöhen der
Abschreibungssätgze
für Unternehmen
|
Angebotssteuerung
-
Abbau von
Arbeitsschutzregelungen
-
Lohnkostenzuschüsse
-
Wegfall
bürokratischer Erfordernisse.
-
Förderung von
Existenzgründungen
-
Privatisierung von
Staatsunternehmen
|
Maßnahmen zur
Konjunkturförderung
dienen dabei nicht automatisch zugleich der Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit:
-
Greencard für
ausländische Arbeitskräfte
-
Investitionszuschüsse
für Rationalisierungsinvestitionen
usw.
Es ist also strikt zu unterscheiden,
ob Maßnahmen
zur Konjunkturförderung oder zur Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit
dienen sollen. Die Wirkungen von staatlichen Maßnahmen
können
sich diesbezüglich ergänzen, unberührt lassen oder
gegenläufig
sein.
-> Arbeitsmarktpolitik
-> Ausführungen zu "Basel
II"
auf der Startseite Ökonomie unter "Geld"!
Fallstudie
Wie sind die nachfolgenden
Forderungen
des Deutschen Instituts der Wirtschaft einzuordnen? Sind sie
-
markt- oder planwirtschaftlich?
-
angebots- oder
nachfrageorientiert?
-
konjunkturfördernd oder auf
den Abbau
der Arbeitslosigkeit gerichtet?
Aktuelle Forderungen des
deutschen
Mittelstandes
Die Politik muss auf die
fortschreitende
Internationalisierung des Innovationsgeschehens mit einer Anpassung des
nationalen Innovationssystem reagieren. Barrieren für
grenzüberschreitende
Innovationsaktivitäten müssen beseitigt und attraktive
Nachfragebedingungen
für neue Produkte im heimischen Markt unterstützt
werden.
Das Deutsche Institut der
Wirtschaft (DIW
Berlin) nennt dafür folgende Maßnahmen:
-
Bildung: Erhöhung der
sprachlichen Kompetenz,
Vergleichbarkeit der Berufsabschlüsse
-
Förderung der
Mobilität qualifizierter
Arbeitskräfte: Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis, Regulierung der
Zuwanderung
-
Mitgestaltung
internationaler technischer
Standards und Normen Sicherung des gleichberechtigten Zugangs
ansässiger
ausländischer Unternehmen zu der nationalen
Forschungsförderung
Vorbereitung der nationalen öffentlichen Forschungseinrichtungen
auf
die Forschungskooperation mit multinationalen Unternehmen
-
international kompatibler
Schutz des geistigen
Eigentums.
Textauszug:
http://www.mittelstandsportal.de/trends/Deutschland%20
wichtigster%20Forschungsstandort.html |
Wirtschaftspolitik im weiteren
Sinne
Letztendlich sind auch die
Maßnahmen
aller anderen staatlichen Politikfelder für die ökonomische
Leistungs-
und Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft entscheidend:
-
Bildungspolitik
-
Forschungspolitik
-
Migrationspolitik
-
Außenpolitik
-
Umweltpolitik
-
Sozialpolitik
u. v. a.
Analytisch nicht zu
vernachlässigen ist,
dass die wirtschaftspolitische Entscheidungsfreiheit der deutschen
Exekutive,
Legislative und Judikativen in immer stärkerem Maße durch
die
Bestimmungen der EU und den und Entscheidungen deren Organe eingeengt
und
begrenzt wird.
Die genannten staatlichen
Politikbereiche
sind noch um zwei weitere Politikfelder zu ergänzen, die von der
staatlichen
Exekutive und Legislative nur mittelbar steuerbar sind:
-
Tarifpolitik (Verhalten und
Vertragsabschlüsse
der Tarifvertragsparteien, sie sind aufgrund der Koalitionsfreiheit des
Grundgesetzes autonom)
-
Geldpolitik (Maßnahmen der
Europäischen
Zentralbank, sie ist von staatlichen Weisungen unabhängig).
Entscheidend für die
ökonomische
Situation und Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft ist daher
die Gesamtheit aller politischen Entscheidungen.
Auch diese Gesamtheit politischen
Entscheidungen
und Maßnahmen ist, abgesehen von internen Handlungszwängen
einzelner
Politikbereiche, maßgeblich durch die generelle wirtschafts- und
finanzpolitische Ausrichtung des Regierungshandelns geprägt.
Wirtschaftspolitik als Ideologie
Nicht nur alternative NGO kommen zu der
Einschätzung, dass die neoliberale Wirtschaftspolitik eine langfristige
und systematische Doktrin interessierter wissenschaftlicher Kreise und von
unternehmensnahen Vereinigungen ist, um die nachfrageorientierten und an
staatlicher Wohlfahrt und Absicherung sozial Schwacher orientierten
Politiken von Nationalstaaten systematisch auszuhöhlen und zu
konterkarieren, um sie mit Empfehlungen bewusst in einen Ohnmachtsstatus
zu treiben, der dann wiederum den Forderungen nach einem völligen Verzicht
auf einen staatlichen Gestaltungswillen zugunsten marktwirtschaftlicher
Regelsysteme Vorschub leistet.
Sehr schön nachzulesen bei:
Butterwegge / Lösch / Ptak, Kritik des
Neoliberalismus, 2. Aufl., Wiesbaden 2008
Gesamtdarstellung: http://www.unics.uni-hannover.de/bollm/wandel/g_index.htm
Downloadangebot: Seminaraufgaben
zur aktuellen Wirtschaftspolitik (Word)
Downloadangebot: Seminaraufgaben
und Unterrichtsbeispiele zu Markformen und Unternehmenskonzentration
(Word)
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